Gebrüder Weiss stärkt den Kaukasus als Brücke zwischen Europa und China, erklärt Senger-Weiss. (Foto: Gebrüder Weiss)
Seit 2012 sind Sie im Kaukasus aktiv. Welche strategischen Erkenntnisse haben Sie über 13 Jahre Geschäftstätigkeit in dieser Region gewonnen?
Wir sehen uns in unserer Geschäftsstrategie bestätigt. Denn wir haben schon früh das wirtschaftliche Potenzial und die geostrategische Bedeutung des Kaukasus erkannt. 2012 haben wir in Tiflis (Georgien) ein Logistikzentrum eröffnet, das sich zu einem zentralen Knotenpunkt für den wachsenden Warenaustausch zwischen Europa und Zentralasien sowie innerhalb der Kaukasusregion entwickelt hat. Freihandelsabkommen mit der EU und der Eur-
asischen Wirtschaftsunion fördern den Handel und machen Georgien zu einem wichtigen Transitland. Gleichzeitig entstehen in der Region eigene Produktions- und Absatzmärkte.
Sie investierten bereits über 25 Millionen Euro in Georgien allein. Nach welchen Kriterien bewerten Sie die Rentabilität der Langzeitinvestitionen in der Region?
Vergangenes Jahr haben wir das Logistikterminal in Tiflis bereits zum dritten Mal seit 2012 erweitert. Grundlage für unsere Investments sind das steigende Handelsvolumen in der Region und die damit verbundenen größeren Sendungsmengen. Internationale Kunden aus den Branchen Textil, Hightech und Automobil nutzen die multimodalen Services, die wir durch den Gleisanschluss des Terminals bieten können. Die Expansion in Tiflis stärkt außerdem unsere regionale Vernetzung und fördert die Zusammenarbeit mit Kasachstan, Usbekistan und anderen zentralasiatischen Ländern.
Wie positioniert sich Gebrüder Weiss gegen chinesische und türkische Konkurrenten auf dem „Mittleren Korridor“ der Seidenstraße?
Der „Mittlere Korridor“ ist eine Transitroute, die wir als Logistiker in unsere Überlegungen einbeziehen, um – besonders seit dem Ukrainekrieg – resiliente Lieferketten zu sichern. Logistisch gesehen ist er jedoch kein idealer Korridor: Er führt durch viele Länder mit unterschiedlicher technischer Ausstattung, erfordert häufiges Umladen und leidet unter Kapazitätsengpässen am Kaspischen Meer und auf der Schiene.
Unser Vorteil liegt in unseren eigenen Niederlassungen entlang der Route – von der Türkei über Georgien und Armenien bis nach Usbekistan, Kasachstan und China. Mit einem starken eigenen Netzwerk, digitalen Tools und hoher Supply-Chain-Transparenz können wir unseren Kunden wettbewerbsfähige Kapazitäten und Transportzeiten bieten und zwar kombiniert mit lokaler Expertise.
In Zentralasien, konkret in Usbekistan, sind Sie seit 2019 mit einer Repräsentanz vertreten. Welche Geschäftschancen sehen Sie in diesem Markt?
Usbekistan ist das bevölkerungsreichste Land Zentralasiens und verfügt über den größten Binnenmarkt der Region. Dort eine Repräsentanz zu eröffnen, war ein wichtiger Baustein in unserer Strategie, Europa und Asien auf dem Landweg zu verbinden. Die Corona-Pandemie hat uns beim Start in diesen Markt allerdings etwas ausgebremst, sodass wir noch nicht die Entwicklungsschritte setzen konnten, die wir uns gewünscht hätten. Aber: Die wirtschaftlichen Aussichten sind gut, das Konjunkturhoch in Usbekistan hält an. Wir sehen dort noch viel Potenzial.
Ihre Logistikterminals in Tiflis und anderen Städten werden laufend erweitert. Mit Gleisanschluss und multimodalen Services positionieren Sie sich als Infrastruktur-Player. Welche Investitionen planen Sie noch in den Regionen Kaukasus und Zentralasien?
Wir sind derzeit gut aufgestellt und planen keine direkten Investitionen in eigene Logistikterminals. In Kasachstan prüfen wir eine Kapazitätserweiterung durch Flächenanmietung, da sich der Bereich Lagerlogistik dort erfreulich entwickelt.
Was sind die wichtigsten Synergieeffekte, die Sie durch die Vernetzung der Standorte in Armenien, Georgien, der Türkei und Usbekistan erzielen?
Unsere strategisch platzierten Niederlassungen vom Schwarzen Meer bis nach China ermöglichen multimodale Transportlösungen – per Lkw, Bahn, Luft und See. So können wir eine flexible und bedarfsgerechte Abwicklung unterschiedlichster Sendungsvolumina sicherstellen. Gleichzeitig sorgt die lokale Präsenz für eine hohe regionale Kompetenz, etwa bei Zollfragen. Insgesamt erlaubt diese enge Vernetzung eine schnelle Reaktion auf Marktveränderungen und trägt wesentlich zur Resilienz und Zuverlässigkeit der Lieferketten bei. Das stellt einen klaren Vorteil für unsere Kunden dar.
Angesichts geopolitischer Unsicherheiten: Wie stellen Sie sicher, dass Ihr Angebot in der Region auch in Zukunft nachhaltig und verlässlich bleibt?
Als ältestes Logistikunternehmen der Welt haben wir viel Erfahrung darin, uns an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen und individuelle Lösungen zu finden. Um flexibel und zuverlässig zu bleiben, setzen wir unsere Strategie fort und investieren in unser Netzwerk, in Digitalisierung und Automatisierung sowie in die fundierte Ausbildung von Fachkräften.
