„Wer heute global agiert, kann sich nicht mehr nur auf Gewinnmargen konzentrieren. Es geht um Verantwortung: für Ressourcen, für Fairness, für den Planeten“, sagt Bergles. (Foto: ILS365)
Beginnen wir mit einer provokanten Frage: Ist die Kreislaufwirtschaft nur ein Schlagwort oder ein echter Game Changer?
Bergles: Wirtschaft und Gesellschaft – sie sind jetzt ein Team. Wer heute global agiert, kann sich nicht mehr nur auf Gewinnmargen konzentrieren. Es geht um Verantwortung: für Ressourcen, für Fairness, für den Planeten. Digitale Tools? Sie sind nicht nur „nice to have“ – sie sind unerlässlich, um diese Ziele Realität werden zu lassen.
Was wir brauchen, ist ein neues Mindset: weg von einer Einzelkämpfermentalität und hin zu einem größeren Ganzen. Kreislaufwirtschaft funktioniert nur, wenn wir Daten teilen, verstehen und – am wichtigsten – sinnvoll nutzen. Plattformen, offene Standards und echte Zusammenarbeit sind der Schlüssel, um eine Einbahnstraße in eine zirkuläre Autobahn zu verwandeln.
Edlinger: Und wer immer noch glaubt, bei der Kreislaufwirtschaft gehe es nur um Mülltrennung, steckt im letzten Jahrzehnt fest. Wir sprechen hier über ein völlig neues Betriebssystem für Industrien – eines, das auf Daten läuft. Mit IoT, KI und Blockchain können wir Produkte über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg verfolgen und optimieren. Diese Technologien sind wie das Nervensystem für nachhaltige Logistik.
Und noch etwas: Sie helfen, die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) greifbar zu machen – von verantwortungsvollem Konsum über industrielle Innovation bis hin zum Klimaschutz.
Wie können Kreislaufwirtschaft und Digitalisierung Unternehmen besser vermittelt werden?
Edlinger: Ich habe einmal mit der Nachhaltigkeitschefin eines großen Logistikunternehmens gesprochen. Sie sagte: „Wir haben die Technik – aber nicht die Kultur.“ Das fasst es perfekt zusammen. Tools allein bewirken keine Veränderung. Es geht darum, wie wir denken, führen und Entscheidungen treffen – und dieses Mindset muss jede Ebene des Unternehmens erreichen, vom Vorstand bis zur Lagerhalle.
Bergles: Genau solche Erkenntnisse bringen wir in unsere KitchenTalks ein. Wie kann Verantwortung gelebt werden, nicht nur auf einer PowerPoint-Folie stehen? Unser Ansatz: Menschen zusammenbringen, die normalerweise nie am selben Tisch sitzen würden. Wenn ein Vorstandsmitglied auf einen Lehrling trifft, sprühen die Funken – aber genau darum geht es. Echte Veränderung braucht ein „gemeinsames Warum“ – und den Mut, gemeinsam danach zu handeln.
Wie können Teams auf eine datengesteuerte Zukunft vorbereitet werden?
Edlinger: Datenkompetenz allein genügt nicht. Es geht um Empowerment – Verantwortung zu geben, Vertrauen aufzubauen, mit gutem Beispiel voranzugehen. Deshalb konzentrieren wir uns auf Programme, die sowohl junge Talente als auch deren Mentoren unterstützen. Mit Formaten wie unseren Apprentice Meetups senden wir eine klare Botschaft: „Eure Perspektive zählt.“ Und 2025 gehen wir noch einen Schritt weiter: Wir erweitern diese Kompetenzen in das Bildungssystem – denn dort beginnt der Wandel.
Bergles: Führung ist heute vor allem eine Frage der Haltung: Zuhören, Vertrauen aufbauen, unterstützen statt kontrollieren. Bei der ILS wollen wir dieses Mindset greifbar machen – durch echte Begegnungen zwischen Generationen und Disziplinen. Unsere Evolution Stage zeigt, wie das aussieht: Studierende präsentieren Logistiklösungen für 2040 – keine Chatbots, sondern Menschen mit Vision und Ziel.
Wie können wir Tools entwickeln, die Menschen unterstützen, anstatt sie zu ersetzen?
Bergles: Viele Unternehmen sind sich noch unsicher: Was bedeutet Technologie für mein Team? Unsere Antwort: Richtig eingesetzt, befähigt die Digitalisierung Mitarbeiter – sie konkurriert nicht mit ihnen. Aber die Implementierung muss transparent und respektvoll sein. Wenn man seine Leute mitnimmt, gewinnt man Vertrauen, Loyalität – und langfristig Innovation.
Edlinger: Digitale Tools sind überall – aber wie wir sie nutzen, zählt. Menschen sollten nicht nur das Bindeglied zwischen zwei Softwaresystemen sein. Tools sollten die Arbeitslast erleichtern, anstatt Stress zu erzeugen. Und sie sollten sinnvoll sein. Das schafft Engagement – und ist ein Pluspunkt für das Employer Branding.

Was brauchen Mitarbeiter in Zukunft – und wie können Unternehmen sie unterstützen?
Edlinger: Fachwissen ist wichtig, aber es veraltet schnell. Was wirklich bleibt, ist Neugier, Sinnhaftigkeit und die Fähigkeit zur Reflexion. Unternehmen brauchen den Mut, Lernräume zu schaffen, eine Coaching-Mentalität statt starrer Strukturen zu fördern.
Bergles: Oder wie es ein junger Teilnehmer ausdrückte: „Ich will nicht nur funktionieren – ich will etwas beitragen.“ Das fasst es perfekt zusammen.
Mensch und Technologie: Wie funktioniert der Human Digital Twin in der Praxis?
Bergles: Der Human Digital Twin ist ein faszinierendes Tool – wenn er mit Sorgfalt entwickelt wird. Er kann Potenziale aufzeigen, das Lernen personalisieren und das Wohlbefinden fördern. Aber ohne ethische Leitplanken und die Beteiligung der Betroffenen funktioniert er nicht. Technologie sollte nicht von oben auferlegt werden – sie muss gemeinsam entwickelt werden.
Edlinger: Richtig eingesetzt, unterstützt der Human Digital Twin Mitarbeiter bei ihrer täglichen Arbeit – er überwacht sie nicht. Technologie ist nicht der Chef. Sie ist ein Assistent. Und das macht den entscheidenden Unterschied.
Was wird das ILS Main Event 2025 der Branche bieten?
Edlinger: Wir sehen die ILS nicht als typische Konferenz – sie ist eine Plattform für Menschen, die etwas bewegen wollen. Egal, ob sie aus der Industrie, Wissenschaft, Politik oder Berufsschulen kommen, sie helfen, ein echtes Zukunfts-Ökosystem aufzubauen. Veränderung entsteht nicht durch Zuschauen – sondern durch Handeln.
Bergles: Keine Schlagworte, keine leeren Parolen. Bei der ILS geht es um echte Begegnungen und echten Schwung. Wir bringen große Themen – Mobilität, Digitalisierung, Kreislaufwirtschaft, Geopolitik – in einen Raum. Unser Ziel: Inspiration mit Substanz. Wer reingeht, wird verändert rausgehen.
Was sind Ihre persönlichen Erwartungen an die ILS 2025?
Bergles: Für mich ist die ILS ein Zukunftslabor mit globaler Perspektive. Ich hoffe, wir können zeigen, dass Dinge anders gemacht werden können – tiefgründig, praktisch, mutig. Ich freue mich auf den Moment, in dem sich ein Gespräch in eine echte Zusammenarbeit verwandelt. Dann wird die ILS zu dem, was sie sein soll: ein Raum der Möglichkeiten.
Edlinger: Wenn die ILS 2025 Menschen aus verschiedenen Bereichen zusammenbringt, um gemeinsam nach Antworten auf die großen Fragen unserer Zeit zu suchen – dann haben wir unser Ziel erreicht.