Trotz Hochwasser und schwieriger Rahmenbedingungen hält WienCont Kurs: Die Geschäftsführer:innen Monika Gindl-Muzik und Wolfgang Löhr setzen auf digitale Innovation, nachhaltige Terminaltechnik und langfristige Expansion. (Foto: WienCont / Gregor Schweinester)
Das Jahr 2024 war kein leichtes für WienCont im Hafen Wien Freudenau. Schwere Überschwemmungen entlang der Donau legten den Bahnverkehr wochenlang lahm und beeinträchtigten auch den Betrieb des Terminals direkt. Dennoch zeigen sich die beiden Geschäftsführer:innen mit dem Ergebnis zufrieden: „Wir haben knapp die Marke von 500.000 TEU erreicht und damit in etwa das Niveau der Vorjahre gehalten“, so Monika Gindl-Muzik. Wolfgang Löhr ergänzt: „Trotz der Hochwassersituation konnten wir unsere Erwartungen erfüllen – insbesondere im Containerhandel und in der Reparatur.“
Seit November 2024 ist Wolfgang Löhr Teil der Geschäftsführung von WienCont und verantwortet die kaufmännischen und technischen Agenden. Monika Gindl-Muzik, die auf 45 Jahre Erfahrung in der Logistik zurückblickt, führt weiterhin den Bereich Vertrieb und Betrieb. Beide kennen das Hafengeschäft in- und auswendig – Löhr war über 30 Jahre in leitenden Positionen innerhalb der Hafen Wien Gruppe tätig.
Mehr als Umschlag
Das Geschäft von WienCont geht weit über den Containerumschlag hinaus und umfasst auch den Containerhandel, Reparaturen sowie Depotdienstleistungen. Rund 65 Prozent des Umschlags entfallen auf den kontinentalen Intermodalverkehr – mit dem Terminal als zentrale Drehscheibe. „Wir bedienen wöchentlich 23 Trailer-Züge, dazu kommen bis zu 100 weitere Züge im kontinentalen und maritimen Verkehr“, erklärt Gindl-Muzik. Als zentraleuropäisches Hub verbindet WienCont Strecken von der Türkei über Wien bis in das Vereinigte Königreich. Intermodale Operateure nutzen den Standort seit Jahren als neutralen Umschlagpunkt. „Unsere Neutralität ist ein großer Vorteil“, betont Löhr.
Zur Effizienzsteigerung investiert WienCont in digitale Lösungen, unter anderem in KI-gestützte Prozessoptimierung in Kooperation mit der BOKU. Alle Einheiten werden bereits digital nachverfolgt – ein wichtiger Schritt hin zu mehr Resilienz. Gleichzeitig werde es laut Löhr immer komplexer, einen unterbrechungsfreien Betrieb sicherzustellen.
Mehr Fläche, mehr Potenzial
Aktuell werden am Terminal bis zu 130 Züge pro Woche abgefertigt. Um weiteres Wachstum zu ermöglichen, wird am Freudenauer Hafenbecken eine zusätzliche Fläche von 43.000 m² erschlossen, die WienCont ab 2027 zur Verfügung stehen soll. Die vollständige Ausbauplanung – inklusive drei neuer Portalkräne – ist bis 2034 vorgesehen. Wie das aktuelle Terminal soll auch die Erweiterung über eine doppelseitige Durchfahrt verfügen – ein in Europa einzigartiges Merkmal, das eine effiziente Abfertigung von bis zu 700 Meter langen Zügen erlaubt. Nach Abschluss der Ausbauphase wird die Jahreskapazität eine Million TEU betragen.
Finanziert wird der Ausbau durch die WienCont-Muttergesellschaft Hafen Wien. Im Vergleich zu Deutschland, wo bis zu 80 Prozent der Terminalinfrastruktur förderfähig sind, ist das Fördervolumen in Österreich gering. „Wenn wir wirklich mehr Güter auf die Schiene bringen wollen, brauchen wir mehr Kapazitäten und mehr Terminals“, mahnt Gindl-Muzik.
Investitionen in Nachhaltigkeit
WienCont investiert bereits heute in einen nachhaltigeren Betrieb. Alle 16 Terminalstapler werden mit HVO100 betrieben. Der Umstieg auf Elektromobilität sei jedoch wirtschaftlich ohne signifikante Förderungen nicht darstellbar: „Das rechnet sich aktuell einfach nicht“, sagt Gindl-Muzik. Während öffentliche Mittel aus dem ENIN-Programm die E-Mobilität im Straßengüterverkehr unterstützen, fallen Terminalfahrzeuge derzeit lediglich unter die Anschlussbahnförderung.
Gindl-Muzik sieht im CO₂-Preis kaum Anreize für eine echte Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene. Ihre Hoffnungen ruhen vielmehr auf dem kommenden EU-Lieferkettengesetz sowie dem neuen EU-Industriepaket, von dem sie sich spürbare Impulse für den Schienengüterverkehr als nachhaltige Alternative erwartet.