„Die Logistik der Zukunft wird stärker datengetrieben, automatisiert und ressourcenschonend sein“, sagt Hartmann. (Foto: Econsult)
Welche Herausforderungen sehen Sie in der Umsetzung nachhaltiger Logistiklösungen?
Neben der Herausforderung für viele Unternehmen, ökologische Zielsetzungen mit wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Einklang zu bringen, kann die zunehmende Bürokratisierung ein massives Hemmnis sein, wenn man rasch in eine Umsetzung kommen möchte. Oft fehlt es auch an ganzheitlichen Strategien, belastbaren Daten und klaren Verantwortlichkeiten. Econsult begegnet diesen Herausforderungen mit maßgeschneiderten Konzepten, denn kein Projekt gleicht dem anderen. Interdisziplinäre Zusammenarbeit und Expertise aus vielen Bereichen sind der Schlüssel zum Erfolg.
Wie verändert die Digitalisierung Prozesse in der Logistik?
Ohne Zweifel erhöht sich der Bedarf an Transparenz, Echtzeitinformationen und intelligenten Systemlösungen entlang der gesamten Lieferkette. Die Digitalisierung ist dabei eine notwendige Grundlage für umfassende Logistiklösungen, denn 100.000 Artikel oder mehr können nicht manuell verwaltet werden. Durch die steigende Systemvielfalt bei gleichzeitigem Mangel an Mitarbeitern ist die Automatisierung der Prozesse unumgänglich. Die Rolle der KI wird teils unterschätzt, in manchen Bereichen ist sie allerdings auch mit unrealistisch hohen Erwartungen verbunden.
Welche Rolle spielen datenbasierte Tools und digitale Plattformen in Ihren Projekten?
Bei Econsult beginnt beinahe jedes Projekt mit dem Aufbau einer temporären Projektdatenbasis, wobei dafür in der Regel alle verfügbaren Quellen herangezogen werden – klassischerweise ERP-, WMS- oder TMS-Systeme. Bei unseren Szenarienmodellen und Simulationsberechnungen werden oft sehr große Mengen an Datensätzen verarbeitet, um eine solide Basis für eine nachfolgende Standortevaluierung, Transportoptimierung oder für Logistik-Ausschreibungen zu schaffen. An nur einem Szenario rechnet ein leistungsstarker Computer teilweise mehrere Stunden. Hier kommen bereits Cloud-Lösungen zum Einsatz, die gezielt auf die jeweilige Problemstellung konfigurierbar sind.
An welchen Projekten arbeiten Sie derzeit?
Parallel zu unseren kommerziellen Projekten für Industrie und Handel sind wir in unterschiedlichen Forschungsprojekten aktiv – hier liegt auch mein Fokus. Beispielsweise fokussiert das EU-Projekt „GreenTurn“ auf emissionsfreie E-Commerce-Logistik durch gezielten Einsatz von Logistikinformationen direkt auf den Handelsportalen und Plattformen. Die Hürde liegt aktuell noch in der Erwartungshaltung einer kostenlosen Lieferung, was auf Dauer dem Ziel von Nachhaltigkeit entgegensteht. Das Projekt „Food4CE“ im Rahmen des Interreg-Programms zielt auf nachhaltige und regionale Produktion von Lebensmitteln in Verbindung mit kurzen Lieferwegen ab. Ein Online-Tool zur Vernetzung der Akteure wird aktuell aufgebaut, ebenso eine sogenannte Knowledge-Transfer-Plattform für den grenzüberschreitenden Wissensaustausch.
Sie engagieren sich im DamenLogistikClub. Welche Ziele verfolgt das Netzwerk?
Der DamenLogistikClub stärkt Frauen in der Logistikbranche. Ziel ist es, die Sichtbarkeit von Logistikerinnen zu erhöhen, Karrieren zu fördern und strukturelle Rahmenbedingungen in der Branche aktiv mitzugestalten. Besonders am Herzen liegt mir das Mentoring-Programm, das junge Frauen beim Einstieg in die Logistikbranche gezielt unterstützt und ihnen durch erfahrene Mentorinnen wertvolle Netzwerkkontakte bietet.
Wie sehen Sie die Zukunft der Logistik in Österreich?
Die Logistik der Zukunft wird stärker datengetrieben, automatisiert und ressourcenschonend sein. Initiativen wie „Nachhaltige Logistik 2030+“ zeigen vor, wie auch ohne gesetzlichen Zwang zukunftsfähige Lösungen erprobt und umgesetzt werden können, wenn Verwaltung und Wirtschaft gut zusammenarbeiten. Ich erwarte ein deutliches Wachstum an urbanen Logistiklösungen, neue Mobilitätsformen und eine stärkere Verankerung von Kreislaufwirtschaft in der Lieferkette. Gleichzeitig wird Diversität in Teams und Führungsstrukturen an Bedeutung gewinnen, vor allem aus innovationsstrategischen Gründen. Österreich hat die Chance, hier Vorreiter zu sein – mit mutigen Projekten und integrativen Strukturen.