Diese Fotomontage verdeutlicht, welche Mengen moderne Schiffe heute transportieren können – im Vergleich zu den Anfängen der Containerschifffahrt. (Foto: Fotos: HHLA / Redaktion4)
Wenn der Nebel morgens über den Hafen zieht und die Kräne sich im Dunst wie Stahlskelette abzeichnen, atmet Hamburg Geschichte. Zwischen Speicherstadt und Containerbrücken schlägt seit 140 Jahren das Herz eines Unternehmens, das die logistische Entwicklung in Europa maßgeblich mitgeprägt hat: die Hamburger Hafen und Logistik AG, kurz HHLA. Was 1885 mit einer kühnen Idee begann, ist heute ein Netzwerk aus Terminals, Bahnen, Datenströmen und Menschen. Das stetige Wachstum zeigt, dass der Kurs stimmte. Doch blicken wir zuerst zurück auf die Wurzeln des Erfolgs.
Kurs auf neue Märkte
Als am 7. März 1885 der Hamburger Senat gemeinsam mit privaten Kaufleuten und der Norddeutschen Bank den HHLA-Vorgänger „Hamburger Freihafen-Lagerhaus-Gesellschaft“ (HFLG) gründete, war das mehr als ein wirtschaftliches Wagnis. Es war der Aufbruch in eine neue Zeit, kurz nach Gründung des Deutschen Reiches. Mit der Speicherstadt entstand nicht nur das damals größte Warenlager der Welt. Umgesetzt wurde ein revolutionäres Konzept: die Bündelung von Transport, Lagerung und Umschlag an einem Ort. Was damals als „Blockchain des 19. Jahrhunderts“ gelten könnte, machte Märkte effizienter und den Handel planbar – ein Meilenstein, der Hamburg an die Spitze der Weltwirtschaft führte.
Schon 1910 war der Hafen nach New York und Liverpool der drittgrößte der Welt. Die HFLG verwaltete modernste Lagerhäuser und bewahrte sich trotz staatlichen Einflusses ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit. Doch die Geschichte des Unternehmens blieb nie frei von Brüchen. In den 1930er-Jahren übernahm die HFLG die defizitäre Kaiverwaltung und wurde 1939 zur Hamburger Hafen- und Lagerhaus-Aktiengesellschaft – zur HHLA. Der Zweite Weltkrieg brachte Stagnation und Verwüstung: 90 Prozent der Schuppen und Lagerhäuser lagen in Trümmern. Doch die Mitarbeitenden bauten wieder auf – mit Mut und Technik. Zum Beispiel beschleunigten ab 1952 Gabelstapler die schwere Lagerarbeit und erleichterten sie. Der Hafen erwachte erneut zum Leben.
Ende der 1960er-Jahre begann eine stille Revolution. Mit der Einführung des Containers veränderte sich der Welthandel grundlegend – und die HHLA erkannte früh das Potenzial. 1968 wurde am Burchardkai der erste Container in Hamburg umgeschlagen. Dort, wo einst eine Vielzahl von Ballen, Fässern, Kisten und Rohren lagerte, entstand das pulsierende Herz des standardisierten Umschlags. Die neue Effizienz beflügelte Wachstum, der Hafen öffnete sich dem globalen Handel. Mit dem Fall der Mauer 1989 kam der nächste Aufbruch: Bahnverkehre nach Mittel- und Osteuropa, organisiert durch die Bahntöchter Polzug und Metrans, machten die HHLA zum Taktgeber eines neuen, grenzenlosen Logistikzeitalters.
In den 1990er-Jahren wuchs das Unternehmen weiter. Der Kauf des Container Terminals Tollerort, der Bau des Container Terminals Altenwerder und schließlich der Börsengang 2007 markierten Etappen einer beeindruckenden Expansion. Altenwerder, 2002 eröffnet, galt lange als modernster Terminal der Welt. Heute ist er ein Vorbild für nachhaltigen Terminalbetrieb. Hier begann die nahezu vollständige Elektrifizierung des Umschlags. Batteriefahrzeuge ersetzten Dieselmotoren, derzeit wird der Wasserstoffantrieb getestet. Schon früh setzte die HHLA Maßstäbe in klimafreundlicher Logistik und setzte sich selbst ein ehrgeiziges Ziel: klimaneutral bis 2040. Diese Vision will wirtschaftlichen Erfolg und ökologische Verantwortung in Einklang bringen.
Heute bewegt die HHLA rund sechs Millionen Standardcontainer über ihre Seehafenterminals und weitere 1,8 Millionen TEU auf Schiene und Straße. Seit 1967 wurden konzernweit mehr als 180 Millionen Container umgeschlagen – aneinandergereiht eine Strecke, die 27-mal um die Erde reicht.
Innovation mit Verantwortung
„The Power of Networks“ lautet die strategische Leitidee. Über Standorte in Hamburg, Triest, Tallinn und Odessa sowie über 20 intermodale Terminals im europäischen Hinterland spannt sich ein enges Geflecht aus Schienen-, Straßen- und Wasserwegen. Datenströme verbinden die Prozesse in Echtzeit, Drohnen ergänzen das Netz. So entstehen End-to-End-Transportlösungen, die Kunden von der Küste bis ins Binnenland begleiten. Selbst in Krisenzeiten – etwa während des Ukraine-Kriegs – bewies das Netzwerk seine Stärke.
Verschiedene HHLA-Projekte arbeiten daran, klassische Datensysteme für operative Abläufe mit Business Intelligence und Künstlicher Intelligenz zu verknüpfen. So wird die Basis für automatisierte Prozesse, datengetriebene Innovationen und neue digitale Geschäftsmodelle ständig erweitert. Damit betritt die HHLA ein neues Zeitalter der Logistik, in dem Daten ebenso wertvoll sind wie Container.
Doch trotz aller Technologie bleibt der Mensch das Fundament. Über Standorte und Grenzen hinweg arbeiten die Mitarbeitenden der HHLA daran, die Zukunft der europäischen Logistik zu gestalten, und begreifen den Wandel als Chance. Das Unternehmen fördert Eigenverantwortung und unternehmerisches Denken, bietet internationale Entwicklungsmöglichkeiten und lebt eine Kultur der Offenheit.
Ein starkes Netzwerk
Auch in Zukunft sucht die HHLA neue Wege, um die Versorgung Europas resilienter und nachhaltiger zu gestalten. Denn die HHLA ist längst mehr als ein Hafenbetreiber – sie versorgt Unternehmen und Verbraucher, auch wenn der Welthandel manchmal ins Stocken gerät.
140 Jahre nach ihrer Gründung steht die HHLA für die Kraft der Verbindung – zwischen Menschen, Technologien und Märkten. Sie ist Teil der Geschichte Hamburgs und zugleich Motor seiner Zukunft. Und so, wie die Speicherstadt einst den Aufbruch in ein neues Zeitalter markierte, steht heute das digitale, nachhaltige Netzwerk der HHLA für die nächste große Transformation der Logistik. Die Geschichte dieses Unternehmens ist noch lange nicht zu Ende – sie beginnt immer wieder neu.
