(Foto: AdobeStock / Artur Nichiporenko)
Jedes einzelne Mitglied der neuen EU-Kommission erhielt von der UIRR im November 2024 einen „mission letter“, in dem es um die Themen Wettbewerbs- und Widerstandsfähigkeit ging. „Wie kann der Kombinierte Verkehr mit dem neuen Tenor des Clean Industrial Deals in Einklang gebracht werden, der nun den europäischen Green Deal als Leitmotiv der europäischen Politikgestaltung ablöst?“, fragt Ralf-Charley Schultze, Generaldirektor der UIRR, in diesem Kontext. Die im Auftrag der UIRR durchgeführte Studie „Die Effizienzenz des Kombinierten Verkehrs“, deren Ergebnisse beim 5. Europäischen Intermodal-Gipfel Ende Jänner 2025 vorgestellt wurden, liefert die Antwort.
Was hat der KV zu bieten?
Aus den in der Studie identifizierten und analysierten Effizienzsteigerungen würde sich insgesamt ein jährlicher Nettovorteil von geschätzten 222 Milliarden Euro ergeben, von dem sowohl die öffentlichen Haushalte als auch die Wirtschaftsakteure profitierten. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Kombinierte Verkehr zum Rückgrat des europäischen Landgüterverkehrs auf Entfernungen von mindestens 300 km wird. Schultze: „Unsere Studie kommt zu dem Schluss, dass dieses Ergebnis bis 2050 erreicht werden kann. Erforderlich ist die Verlagerung von rund 1.000 Milliarden tkm Transportleistung vom reinen unimodalen Straßentransport zum Kombinierten Verkehr.“
Die Frage ist also: Was hat der Kombi-Verkehr zu bieten, wenn man ihn mit dem heutigen unimodalen Straßentransport mit einem 18,75 Meter langen und 40 bis 44 Tonnen schweren Standard-Lkw vergleicht? Ganz schön viel, meint Schultze und listet die Punkte auf.
Energieeffizienz
Der Kombinierte Verkehr Haus zu Haus in seiner heutigen Form ist bereits bis zu 70 Prozent energieeffizienter. Das bedeutet, dass er eine tkm-Transportleistung mit nur 30 Prozent der Energie erzeugen kann, die ein Lkw benötigt. Dies wurde als Einsparung von 30 Cent pro Langstrecken-Lkw-km berechnet, was bei den heutigen Dieselpreisen etwa 70 Milliarden Euro im Jahr entspricht.
Infrastruktureffizienz
Die Verlagerung von 1.000 Milliarden tkm Langstrecken-Lkw-Verkehr auf den Kombinierten Verkehr würde pro Jahr mindestens 20 Milliarden Euro an Straßeninstandhaltungskosten einsparen.
Arbeitseffizienz: Die Arbeitsproduktivität des Kombinierten Verkehrs ist um 60 Prozent höher als die des unimodalen Lkw-Verkehrs. Diese höhere Produktivität führt nicht nur zu höheren Durchschnittslöhnen, sondern auch zu einer leichteren Rekrutierung von Mitarbeitern. Der jährliche Gesamtwert dieser Effizienz wird auf 47 Milliarden Euro geschätzt.
Sicherheitseffizienz
Die hervorragende Sicherheitsbilanz des Kombi-Verkehrs bedeutet über 95 Prozent weniger Unfälle. Der jährliche Gesamtwert dieser Einsparung liegt bei 70 Milliarden Euro.
Umwelteffizienz
Die um 90 Prozent geringeren Treibhausgas- und Schadstoffemissionen des Kombi-Verkehrs bewirken potenzielle Einsparungen von 17 Milliarden Euro.

„Wie kann der Kombinierte
Verkehr mit dem Clean Industrial Deal in Einklang gebracht werden, der den Green Deal als Leitmotiv ablöst?“
Ralf-Charley Schultze,
Generaldirektor der UIRR
(Foto: UIRR)
Weniger Staus
Die geringere Anzahl von Langstrecken-Lkw reduziert die Verkehrsdichte auf Europas Autobahnen, was zusammen mit niedrigeren Straßeninstandhaltungskosten, weniger Bauarbeiten und geringeren unfallbedingten Störungen zu einer Verringerung der heutigen Staubelastung von rund 50 Prozent führt. Dies entspricht einem berechneten Wert von jährlich 90 Milliarden Euro.
„Die Aussichten für den Kombinierten Verkehr, diese Vorteile zu stärken und weiter ausbauen zu können, sind ebenfalls gut“, ist Schultze überzeugt. Längere Züge, mehr Elektrifizierung, ein höherer Anteil an erneuerbarem Strom, optimierte Fahrpläne und ein verbessertes Verkehrsmanagement von Güterzügen sowie die Automatisierung des Umschlags werden zur Effizienzsteigerung des Kombi-Verkehrs beitragen. Die nächste Frage liegt auf der Hand: Ist der Kombinierte Verkehr in der Lage, 1.000 Milliarden tkm Transportleistung zu erbringen, während sein bisheriger historischer Höchstwert bei etwa 250 Milliarden liegt? „Die Antwort lautet: Ja. Eine Verdoppelung der Anzahl der Güterzüge in Verbindung mit einer verstärkten und verbesserten Leistung der Wasserstraßen kann diese Leistung erbringen“, so Schultze im Gespräch mit Verkehr. Jährliche Investitionen in die Schieneninfrastruktur von ca. 15 Milliarden Euro und die erhöhten und qualitativ besseren Trassen für Güterzüge, die von der neuen EU-Verordnung über das Kapazitätsmanagement der Eisenbahninfrastruktur sowie einer reformierten EU-Richtlinie zum Kombinierten Verkehr erwartet werden, würden ausreichen, um die Bemühungen aller Akteure zu ergänzen.