v.l.: Franz Staberhofer, Obmann Verein Netzwerk Logistik, Wirtschafts-Landesrat Markus Achleitner und Erik Hansen, Leiter des Instituts für Integrated Quality Design an der Johannes Kepler Universität Linz (Foto: Land OÖ / Lina Spenlingwimmer)
Geopolitische Risiken, volatile Rohstoffpreise und steigende Nachhaltigkeitsanforderungen verlangen Strukturen, die Ressourcenverbrauch und Abhängigkeiten senken. Die Kreislaufwirtschaft markiert einen grundlegenden Wandel: Weg von linearen „Take-Make-Waste“-Strukturen hin zu geschlossenen Stoff- und Produktkreisläufen. Dieses Wirtschaftsmodell trägt wesentlich dazu bei, Umweltauswirkungen zu reduzieren, Risiken in globalen Wertschöpfungsketten zu minimieren und gleichzeitig neue unternehmerische Chancen durch innovative Geschäftsmodelle und zusätzliche Wertschöpfungspotenziale zu eröffnen.
Aus diesem Grund wurde heute in Linz im Rahmen einer Pressekonferenz die vom VNL (Verein Netzwerk Logistik) beauftragte, vom Land Oberösterreich finanzierte und von der Johannes Kepler Universität Linz (JKU) durchgeführte Studie „Kreislaufwirtschaft in Unternehmen umsetzen“ präsentiert. Die Studie liefert eine fundierte Wissensbasis und konkrete Handlungsempfehlungen für den Transformationsprozess hin zur Kreislaufwirtschaft. Die Untersuchung zeigt auf Basis einer österreichweiten Unternehmensbefragung, wie weit Betriebe Kreislaufwirtschaft bereits in ihre Strategien und Prozesse integriert haben, und gibt eine klare Einordnung der eigenen Rolle innerhalb der Kreislaufwirtschaft, fördert Verständnis, Bewusstsein und Lernprozesse und motiviert Unternehmen, aktiv Maßnahmen zu setzen und Kooperationen auszubauen. Damit leistet die Studie einen zentralen Beitrag, um die Transformation zu einer ressourcenschonenden, zukunftsfähigen Wirtschaftsweise praxisnah und branchenübergreifend voranzutreiben.
„Um Oberösterreich als führende Industrieregion der Zukunft zu positionieren, müssen wir die großen Transformationsprozesse aktiv gestalten. Die Kreislaufwirtschaft spielt dabei eine zentrale Rolle, da sie ökologische Verantwortung mit wirtschaftlicher Stärke verbindet. Logistik ist dabei der entscheidende Erfolgsfaktor – sie bildet den Blutkreislauf der Wirtschaft und ermöglicht es, Unternehmen, Märkte und Konsumenten miteinander zu verbinden“, stellt Wirtschafts-Landesrat Markus Achleitner zu den Ergebnissen der aktuellen Studie „Kreislaufwirtschaft in Unternehmen umsetzen“ fest.
„Nur mit intelligenten, vernetzten und flexiblen Lieferketten können wir Kreisläufe effektiv schließen und nachhaltiges Wachstum fördern. Die aktuelle Studie des Vereins Netzwerk Logistik liefert wertvolle praxisorientierte Erkenntnisse und zeigt auf, wie Unternehmen Kreislaufwirtschaft erfolgreich umsetzen können. Gemeinsam mit der Forschung, Industrie und Politik treiben wir den Wandel zu einer zirkulären und innovationsgetriebenen Wirtschaft in Oberösterreich und ganz Österreich voran“, so Landesrat Achleitner weiters.
„Kreislaufwirtschaft ist Industrie-, Innovations- und Standortpolitik zugleich. Unternehmen in Oberösterreich sind heute bereits mit modernsten Umwelttechnologien im Spitzenfeld. Die Kreislaufwirtschaft ist ein zentraler Baustein, um unsere Umweltziele zu erreichen und neue Arbeitsplätze zu schaffen“, unterstreicht Landesrat Achleitner.
VNL-Obmann Franz Staberhofer betonte: „Europa muss zu einem Bergwerk für Materialien werden, und Oberösterreich sollte als ertragreiche Mine in diesem europäischen Netzwerk eine führende Rolle übernehmen. Wir müssen alle Produkte und Vorprodukte, die in Europa im Umlauf sind, zu wertvollen Ressourcen machen. Oberösterreich hat mit seiner exzellenten Infrastruktur, den starken Kompetenzzentren wie der JKU und der FH OÖ sowie einem gut vernetzten Cluster einen klaren Vorteil, um eine Modellregion für Kreislaufwirtschaft zu werden.“
„Die Umsetzung dieses Anspruchs erfordert neue Geschäftsmodelle, innovative Produkte und vor allem Zusammenarbeit. Die Kreislaufwirtschaft ist ein echtes Querschnittsthema in jedem Unternehmen. Was fehlt: gezielte Qualifizierung der Mitarbeitenden, um operative Umsetzung und strategische Verankerung zu verbinden. Hier setzen wir mit unserem VNL-Campus an. Er bietet gezielte Schulungs- und Weiterbildungsprogramme, mit denen Logistik- und Supply-Chain-Manager für Kreislaufwirtschaftsthemen fit gemacht werden. Die Studie zeigt klar: Ohne Mitarbeiterschulung und operatives Knowhow bleiben strategische Absichten oft Stückwerk“, so VNL-Obmann Staberhofer.

Johannes Kepler Universität Linz, Wirtschafts-Landesrat Markus Achleitner und Franz
Staberhofer, Obmann Verein Netzwerk Logistik.
(Foto: Land OÖ / Lina Spenlingwimmer)
Studienautor Erik G. Hansen, Professor an der Johannes Kepler Universität Linz und Leiter des Institute for Integrated Quality Design (IQD), erläutert: „Unsere Untersuchung zeigt, dass Unternehmen, die Kreislaufstrategien wie Wartung, Reparatur Wiederaufbereitung und Recycling breiter und kombiniert einsetzen, nicht nur ihre Nachhaltigkeitsleistung verbessern, sondern auch am Markt erfolgreicher sind. Die Umsetzung dieser Strategien kann dabei in ganz unterschiedlichen Wertschöpfungsarchitekturen erfolgen – also durch Outsourcing (‚Buy‘), strategische Partnerschaften (‚Ally‘) oder durch die Investition in unternehmensinterne Prozesse (‚Make‘). Diese haben Einfluss darauf, wie gut die Kreisläufe geschlossen und Lernprozesse mit der Forschungsabteilung und Produktentwicklung rückgekoppelt werden können. Interessant ist, dass Unternehmen noch Zurückhaltung zeigen, wenn es darum geht, komplexere Leistungsbündel, die dann kreislaufwirtschaftsbezogene Dienste wie Rücknahme, Wartung oder Wiederaufbereitung bereits als Teil eines ‚Lösungsangebots‘ enthalten, am Markt zu kommerzialisieren. Hier besteht noch ein großes Potential in der systematischen Anpassung und Verzahnung aller relevanten Elemente des Geschäftsmodells, um den kommerziellen Erfolg mit Kreislaufwirtschaftsstrategien voll zu entfalten.“
Studienautorin Daniela Schrack ergänzt: „Ein wichtiger Erfolgsfaktor für Unternehmen besteht darin, die strategische Verankerung von Kreislaufwirtschaft auch konsequent in die operativen Steuersysteme zu integrieren. So braucht es konkrete Ziele, Messsysteme und kontinuierliche Verbesserungsprozesse, um Kreislaufwirtschaft dauerhaft in die Wertschöpfungsprozesse zu integrieren und deren Beitrag zum Unternehmenserfolg sichtbar zu machen.“
Die Details der Studie stehen hier zum Download zur Verfügung:
https://www.vnl.at/wp-content/uploads/2025/11/vnl-studie-kreislaufwirtschaft-2025.pdf
Zentrale Ergebnisse der Studie:
- Haltung & Motivation: Sehr positive Grundhaltung: 98 % sehen Kreislaufwirtschaft als wichtige Entwicklung; 92 % attestieren ökonomischen Sinn; 86 % erwarten – bei passender Strategie – einen Beitrag zum Unternehmenserfolg. Motive sind v. a. Legitimität, Differenzierung und Lernen (weniger Kostenfokus).
- Bedeutung: Kreislaufwirtschaft ist Industrie-, Innovations- und Standortpolitik zugleich.
- Strategische Verankerung: 85 % verankern das Thema in der Nachhaltigkeitsstrategie. Diskrepanz zur operativen Umsetzung: Trainings nur bei rund der Hälfte; Zirkularitäts-KPIs nur bei ~40 %.
- Organisation & Kooperation: Ø 8 Abteilungen pro Unternehmen sind involviert (Querschnittsthema). Kooperation extern v. a. mit Entsorgern/Recyclern; Hersteller/Service/Logistik deutlich seltener.
- Kreislauf-Strategien im Angebot: Rücknahme/Sammlung von Produkten (53 %) und Verpackungen (50 %) am häufigsten; bei Verpackungen ist Wiederverwendung (47 %) vor Recycling (43 %); Remanufacturing und biologische Kreisläufe selten. Werden Strategien breiter eingesetzt bzw. kombiniert, können interne Verbesserungsprozesse, Nachhaltigkeitsleistung und Markterfolg gesteigert werden.
- „Make–Ally–Buy“: Höhere vertikale Integration wie bei der unternehmensinternen Abwicklung („Make“) und strategischen Partnerschaften („Ally“) begünstigt engere Kreisläufe, Lernen und Feedback ins Produktdesign. Outsourcing („Buy“) führt tendenziell seltenen zu geschlossenen Kreisläufen mit gleichen Leistungsanforderungen.
- Produktdesign: Fokus auf umweltfreundliche Materialien (75 %) und Langlebigkeit (64 %); Design for Recycling und Design für Wiederaufbereitung unterentwickelt.
- Geschäftsmodelle: Nutzungs-/Ergebnisorientierung (Miete, Sharing, PaaS) bisher selten (15–18 %).
- Offene vs. geschlossene Kreisläufe: Bei ~40 % Einsatz von Sekundärrohstoffen im Ursprungsunternehmen; 32 % mit gleichen Leistungsanforderungen – Downcycling dominiert häufig.
VNL: Das Wirtschaftsnetzwerk für Logistik
Der VNL (Verein Netzwerk Logistik) ist mit über 5.500 Mitgliedern das größte Wirtschaftsnetzwerk im Bereich Logistik in Österreich. Im Zentrum steht, die aktuellen und zukünftigen Anforderungen an die Logistik mit den korrespondierenden Lösungen aus Forschungs- und Bildungseinrichtungen, Unternehmen, Technologietransferstellen, Technologiezentren und privaten Logistikgesellschaften zusammenzubringen. Der VNL vertritt außerdem die Interessen der heimischen Logistik in der European Logistics Association (ELA).
