Studie von ASCII und WIFO zeigt: Österreichs Exportmotor droht ins Stottern zu geraten. (Foto: AdobeStock / Tomas Ragina)
Die wirtschaftliche Erholung Europas steht vor einer neuen Belastungsprobe. Eine aktuelle Analyse des Supply Chain Intelligence Institute Austria (ASCII) und des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO) zeigt, dass die von den USA verhängten 15-Prozent-Zölle auf EU-Produkte gravierende Auswirkungen haben könnten. Für die gesamte EU wird ein Wohlstandsrückgang von -0,67 Prozent prognostiziert, für Österreich ein Minus von -0,56 Prozent.
Besonders betroffen sind exportorientierte Schlüsselbranchen wie Metallindustrie, Maschinenbau, Elektronik, Transport und Chemie. „Österreichische Branchen gehören zu den am stärksten betroffenen. Vor allem jene mit starker Anbindung an europäische Produktionsnetzwerke und hoher Abhängigkeit von transatlantischen Exporten kommen unter Druck“, erklärt Asjad Naqvi, Senior Economist am WIFO und ASCII-Forscher.
Die Studie basiert auf einem globalen Multi-Region Input-Output-Modell, das direkte und indirekte Effekte entlang internationaler Lieferketten berücksichtigt. In Österreich entfallen über 17 Prozent der US-Exporte auf Transportausrüstung, gefolgt von Chemikalien mit 10 Prozent und Metallprodukten mit 8 Prozent – Branchen, die in globale Wertschöpfungsketten eingebettet sind und daher besonders sensibel auf Zollbelastungen reagieren.
Für Österreich werden die größten Verluste – zwischen -0,51 und -0,63 Prozent – in den Bereichen Grundmetalle, Maschinen und Anlagen, Chemie und Pharma, Elektronik sowie Transportausrüstung erwartet. Auf EU-Ebene sind vor allem Transport, Maschinenbau, Metalle, elektrische Geräte und Chemie betroffen. Neben den direkten Effekten drohen laut Studie auch Investitionsrückgänge, gestörte Lieferströme und eine Verfestigung der wirtschaftlichen Stagnation.
„Es geht hier nicht nur um Exportwerte, sondern um die strukturelle Widerstandsfähigkeit unserer Volkswirtschaften“, so Naqvi. „Die Folgewirkungen einer Zolleskalation können ganze industrielle Ökosysteme treffen – von Arbeitsplätzen und Löhnen über die Produktivität bis hin zur Innovationskraft.“
Vor diesem Hintergrund warnen die Autoren vor Gegenzöllen. Diese könnten exportabhängigen Volkswirtschaften wie Österreich mehr schaden als nutzen. Statt Vergeltung fordern sie eine langfristige Diversifikation der Handelspartner, Investitionen in die Resilienz heimischer Lieferketten sowie eine stärkere EU-weite Koordination. „Handelskriege kennen keine Gewinner. Die wirksamsten Strategien sind jene, die Resilienz stärken – nicht Vergeltung“, betont Klaus Friesenbichler, stellvertretender Direktor des ASCII.
Die Studie empfiehlt, politische Strategien zu entwickeln, um Abhängigkeiten von sensiblen Märkten zu reduzieren, strategische Industrien zu fördern und Innovationen zu stärken. In Zeiten wachsender globaler Fragmentierung seien Weitsicht und Zusammenarbeit entscheidend, um Wohlstand, Wettbewerbsfähigkeit und Stabilität langfristig zu sichern. „Nur wer versteht, wie verwundbar die eigene Wirtschaft gegenüber Preis- und Versorgungsschocks ist, kann mit Resilienz und Weitblick handeln. In einer zunehmend protektionistischen Weltwirtschaft sind internationale Zusammenarbeit und faire Handelsabkommen der verlässlichste Weg zu Stabilität und nachhaltigem Wachstum“, so Friesenbichler.