News

Zauberwort „Nachhaltigkeit“

Foto: Shutterstock / patpitchaya
Nachhaltigkeit (oder Sustainability) ist DAS Trendwort unserer Zeit. Jede/jeder verwendet es, überwiegend im Zusammenhang mit den Themen Klimawandel, Umweltschutz oder CO2-Emissionen. Doch wie bei vielen "Mode"-Begriffen wurde über die Jahre und aufgrund von Unwissenheit die wahre Bedeutung mehr und mehr in den Hintergrund gedrängt.
Foto: Shutterstock / patpitchaya
Foto: Anja Kossik
Businesscoach und Verkehr-Redakteurin Anja Kossik hat ihren aktuellen Online-Kommentar dem Begriff Nachhaltigkeit gewidmet und räumt darin sowohl mit falschen als auch unvollständigen Zuschreibungen auf.
Foto: Anja Kossik

In der Logistikbranche geistern seit einiger Zeit ein paar Buzzwords herum, ohne die kein Vortrag, Meeting oder Kongress auskommt. Die Digitalisierung – mit deren wenig beachteten menschlichen Aspekten ich mich vor ein paar Wochen an dieser Stelle schon beschäftigt habe – ist eines davon. Die Nachhaltigkeit ist ein anderes. Wenn man aber den vielen Diskussionen über dieses Thema zuhört, dann wird schnell klar, dass der Begriff nicht nur inflationär, sondern vielfach völlig falsch verwendet wird. Verkehr-Redakteurin Anja Kossik erklärt, was Nachhaltigkeit wirklich bedeutet und welche Bereiche sie umfasst.

von: Anja Kossik

Mittlerweile kann ich persönlich dieses Wort – so groß meine Begeisterung für das Konzept Nachhaltigkeit auch sein mag – schon nicht mehr hören. Und ich weiß, dass es vielen anderen genauso geht. Denn jede/r kann, will und muss heute nachhaltig sein, um im Trend zu liegen. Marketingabteilungen haben den Begriff schon lange für sich entdeckt. Dabei wird gerne jedes „grüne“ Klischee bedient, das es in unserer Gesellschaft überhaupt gibt. Hier also ein paar dringend notwendige Klarstellungen für alle, die mehr als nur „trendy“ sein wollen.

Was Nachhaltigkeit wirklich bedeutet
Das Wort „nachhaltig“ wird gerne als Synonym für „langfristig“ verwendet. Das hat sich im allgemeinen Sprachgebrauch so eingebürgert. Doch nur weil eine Maßnahme langfristig wirksam ist, muss sie nicht automatisch die Kriterien der Nachhaltigkeit erfüllen. Diese sind jedenfalls eindeutig definiert. Nachhaltig zu wirtschaften, bedeutet nämlich, ein Unternehmen so zu führen, dass es nicht nur langfristig ökonomisch erfolgreich ist, sondern seine Gewinne auf eine umweltverträgliche und sozial förderliche Art und Weise erzielt. Es bedeutet auch, dass sich Unternehmen als Bestandteil eines großen Systems begreifen, das unsere Wirtschaft, die Gesellschaft und die Umwelt umfasst. Und diese drei Aspekte sind untrennbar miteinander verbunden. Kommt einer davon aus dem Gleichgewicht, dann wird das ganze System instabil. Jeder, der schon mal mit einem Mobile herumgespielt hat, weiß, wovon ich spreche.

Nachhaltigkeit bedeutet nicht nur umweltfreundlich
Das Wort „nachhaltig“ wird auch gerne als Synonym für „grün“ verwendet. Diese Fehlinterpretation des Begriffs ist vor allem unter Politikern sehr beliebt. Klimaneutral, CO2-neutral oder emissionsfrei zu sein, ist zwar ein hehres Ziel und sicherlich auch notwendig, erfüllt aber für sich allein genommen nicht unbedingt die Nachhaltigkeitskriterien. Die mit der gesamten Wucht europäischer Klimapolitik forcierte Elektromobilität allein macht also noch lange keine Nachhaltigkeit. Denn wenn man versucht, mit einer Einzelmaßnahme einzugreifen, um ein aus dem Gleichgewicht gekommenes System zu stabilisieren, dann kann das nicht den gewünschten Effekt haben. Denn was ist – nur um Beispiele zu nennen, die auch für die Logistikbranche von Bedeutung sind – mit den sozialen und ökologischen Auswirkungen des Rohstoffabbaus für die Batterieherstellung, die zwar uns in Europa nicht unmittelbar treffen, aber ein globales Problem darstellen? Oder mit den prekären Arbeitsverhältnissen von Sub-Sub-Unternehmern bei Paketdienstleistern bzw. von den Lagerarbeitern in großen Distributionszentren?

Nachhaltigkeit als Haltung
Mit seiner Übernutzung im Alltäglichen wird die Bedeutung des Worts aber immer schwammiger, unklarer und bedeutungsloser. Und das ist schade! Nachhaltigkeit ist nämlich viel mehr als die Sustainability-Stabstelle eines Konzerns, der alljährliche Hochglanz-CSR-Report, die Unternehmenszertifizierung laut irgendwelcher fraglichen Öko-Labels oder ein „Mascherl“, das man sich umhängt, um aktuellen Ausschreibungskriterien zu entsprechen. Es ist vielmehr eine grundsätzliche Haltung: das Vorausschauen für nachfolgende Generationen, das Übernehmen von sozialer und ökologischer Verantwortung für unternehmerisches Handeln und das Denken in größeren Zusammenhängen. Wie gut, dass es auch in Österreich solche Unternehmen gibt, die – teilweise ohne es an die große Glocke zu hängen – dem Begriff Nachhaltigkeit auch Leben einhauchen.


Das könnte Sie auch noch interessieren
Foto: Rainer Mirau/Volvo Group Austria GmbH

Nachdem das Unternehmen bereits seit 2011 E-Fahrzeuge in der Zustellung einsetzt, sind nun zum ersten Mal auch zwei E-Lkw in der Transportlogistik…

Weiterlesen
Foto: Felix Lang

Muss der Frachtführer zahlen, wenn die Ware ihr Ziel nicht erreichen kann? Wolfgang Motter und Vincent Bretschneider kommentieren den Ausgang eines…

Weiterlesen
Foto: Manuel Tenora | www.mtma.at

Die EL-MOTION hat am 23. und 24. April 2024 nun bereits zum 14. Mal stattgefunden. Mit dem neuen Veranstaltungsort in den Wiener Werkshallen war es…

Weiterlesen
Foto: Dachser

Zum 1. April 2024 hat Michael Huttner die Niederlassungsleitung am Standort Schwechat bei Wien übernommen. Er folgt damit auf Dieter Venc, der sich…

Weiterlesen
Foto: FACC AG

Der Aufsichtsrat der FACC AG hat Tongyu Xu mit 15. Mai 2024 als neues Mitglied des FACC-Vorstands in der Funktion eines Chief Sustainability Officers…

Weiterlesen
Foto: Lagermax

Die Lagermax Group erzielte im abgelaufenen Geschäftsjahr 2023 mit einem Umsatz von insgesamt 730 Millionen Euro erneut ein Rekordergebnis. Im…

Weiterlesen
Foto: DLH

Vor wenigen Tagen wurde der Logistikcampus in Wittenburg im Beisein der Geschäftsführung der Deutschen Logistik Holding (DLH) sowie den neuen Nutzern,…

Weiterlesen
Foto: Deutsche Bahn AG / Pablo Castagnola

Die neue, gemeinwohlorientierte DB InfraGO AG bringt 2024 ein umfassendes Infrastrukturprogramm auf den Weg. Dabei stehen das Bestandsnetz und die…

Weiterlesen

Der 70. Geburtstag des Flughafen Wien wurde vor wenigen Tagen mit einem großen Festakt, der Verleihung der Vienna Airport Business Awards und einer…

Weiterlesen

Das Transport- und Logistikunternehmen hat seine Logistikanlage am Standort Dunaharaszti bei Budapest erweitert. Der neue Logistikkomplex im Ausmaß…

Weiterlesen

Schon gehört?

Der Podcast der Internationalen Wochenzeitung Verkehr in Kooperation mit Julia Schütze.

Hören Sie hier das Interview mit Andreas Matthä, CEO der ÖBB Holding.

Wenn Sie externe Inhalte von w.soundcloud.com aktivieren, werden Daten automatisiert an diesen Anbieter übertragen.

Termine

VAP Forum Güterverkehr

Datum: 07.05.2024
Ort: Zürich, Glockenhof

LogiMAT China 2024

Datum: 08.05.2024 bis 10.05.2024
Ort: Shenzhen/China, Shenzhen Convention & Exhibition Centre

Danube Business Talks 2024

Datum: 15.05.2024
Ort: Tech Gate – Sky Stage, Donau-City-Straße 1, 1220 Wien

39. BVL Logistik Dialog 2024

Datum: 16.05.2024 bis 17.05.2024
Ort: Wien

Mehr Termine

Verkehr im Austria Kiosk

Aktuelle ePaper-Ausgaben der Wochenzeitung Verkehr können Sie direkt im Austria Kiosk kaufen.

Anmeldung zum Newsletter

Herr / Mr  Frau / Mrs