Verkehr: Mal sehen, ob ich das Prinzip von What3Words richtig verstanden habe: Ihr teilt die ganze Welt in kleine Quadrate (3 x 3 m) auf und jedes dieser Quadrate wird dann mit drei zufällig ausgewählten Wörtern "markiert". Euer Hauptquartier heißt dann filled.count.soap. Was macht diese Kategorisierung effizienter als die altbewährten Adressen?
Giles Rhys Jones: Straßenadressen wurden vor hunderten von Jahren erfunden und sind nicht mehr geeignet für unsere Art zu leben, Kontakte zu knüpfen und Lieferungen zu erhalten. Wenn man nach einer Adresse sucht, landet die Pinn-Nadel in der Mitte eines Gebäudes und nicht etwa dort, wo sich der Eingang oder der Abgabepunkt befindet. Es gibt auch eine große Menge an Adressen, die den gleichen Namen haben, sodass es leicht ist, die falsche Adresse anzusteuern. Es gibt 14 Kirchenstraßen in einem Umkreis von zehn Meilen von unserem Firmensitz. In den ländlichen Teile der entwickelten Welt werden diese Probleme schlimmer. Und dann gibt es Länder, die kein funktionierendes System haben. Die UN schätzt, dass 75 Prozent der Länder kein gut funktionierendes Adressierungssystem haben. Dies ist frustrierend für Einzelpersonen, kostet Logistiker eine Menge Geld und begrenzt das Wachstum von E-Commerce.
Mit der neuen Lösung würde der Eingangsbereich innerhalb des Drei-Wort-Vierecks liegen. Aber wie würde der Kurier wissen, in welchem Büro er das Paket abzugeben hat?
Jones: Wir empfehlen den Menschen immer, so viele verfügbare Adressinformationen wie möglich zu verwenden. Es ist nicht unsere Absicht, die traditionelle Adresse zu ersetzen. What3Words soll genutzt werden, um eine genaue und schnelle Ortung von u.A (Lieferanten-)Eingängen zu gewährleisten. Wir sind in Routen- und Navigationssystemen sowie in Apps integriert. Man kann in einen Sprinter von Mercedes-Benz einsteigen, eine 3-Wort-Adresse eingeben und das Gerät wird genau wissen, wo es hin muss.
Gibt es auch einen betriebswirtschaftlichen Nutzen dafür?
Jones: Eine kürzlich von uns durchgeführte Befragung hat ergeben, dass 70 Prozent der in Navigationssystemen eingegebenen Adressen nicht zur Haus- bzw. Eingangstür führen. Dies passiert ständig. Eine Abweichung von etwa 200 m mag gering erscheinen, aber wenn man das als Lieferant 100 Mal am Tag macht, dann summiert sich das und plötzlich wird es zu einem großen Problem. Man muss diesbezüglich auch noch die Zahl der Neubauten und der Lieferungen, die nicht an Haushalte oder Büros erfolgen, berücksichtigen. UPS hat Folgendes errechnet: Wenn jeder ihrer Fahrer nur eine Meile pro Tag einsparen könnte, würden sie damit etwa 50 Mio. US-Dollar im Jahr weniger an Ausgaben haben.
What3Words: Die effizientere Ortung
klug.beheizt.ansage – so würde die Verkehr-Redaktionsadresse laut dem vom britischen „What3Words“ erdachten System lauten. Giles Rhys Jones, Marketingleiter des Start-ups, erklärt das System, in das auch die Daimler AG und die Deutsche Bahn investiert haben.
An wen richtet sich What3Words?
Jones: Wir sind ein B2B2C-Unternehmen. Unsere Partner sind bestrebt, die Effizienz und die Kundenzufriedenheit zu steigern, indem sie ihren Kunden gegenüber kommunizieren, dass sie nun 3-Wort-Adressen nutzen. Täglich verwenden hunderttausende Menschen weltweit What3Words. Man kann uns einsetzen, um Jogging-Treffpunkte mitten im Wald zu vereinbaren, Fotoshootings an entlegenen Orten zu organisieren oder einfach nur das geparkte Auto schneller zu finden. Wir werden auf Kontaktseiten aufgelistet, die u. a. von Lonely Planet Guides verwendet werden.
In einem Interview hat Ihre Kollegin und Geschäftsführerin Clare Jones gesagt, dass What3Words dazu beitragen könnte, Leben zu retten. Inwiefern?
Jones: Wir werden weltweit vom Roten Kreuz, von der UNO, verschiedenen Rettungsdiensten und Feuerwehrmannschaften eingesetzt, um Teams zu koordinieren und auf Situationen zu reagieren. Viele benutzen unsere kostenlose App, um Orte miteinander zu teilen. In Afrika arbeiten wir mit einer Wohltätigkeitsorganisation zusammen, um Tausende von Häusern in den Townships mit 3-Wort-Adressen zu versehen, damit Rettungsmannschaften leichter Menschen in Not finden können.
Vor kurzem konnte What3Words, dank der Beteiligung der Daimler AG und der Deutschen Bahn, auch in Deutschland Fuß fassen. Was sind die nächsten Schritte? Gibt es Pläne für Österreich?
Jones: Das Schöne an dem System ist, dass es jetzt schon weltweit eingesetzt wird. Man kann uns bereits in Österreich über unsere App oder durch die Verwendung unserer Codes nutzen. Wir haben noch viel vor - z. B. fügen wir dem System immer wieder neue Sprachen hinzu, aktuell sind wir bei 26 Sprachen. Man kann die drei Wörter also in vielen Landessprachen nutzen, nicht nur in Englisch. What3Words wird in die neuen Mercedes-Fahrzeuge (inkl. der neuesten A-Klasse) eingebaut. Wir eröffnen in Kürze ein Büro in Berlin, um die Region besser bedienen zu können.
Vielen Dank für das Gespräch!
Dieses Interview wurde ursprünglich in der Ausgabe VK 39/2018 veröffentlicht.
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