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„Neutrale Logistikplattformen sind notwendig!“

Foto: Bernd Winter
(v.l.n.r.) Bernd Winter (Chefredakteur der Internationalen Wochenzeitung Verkehr) mit Alexander Winter (CEO von DB Schenker Austria) und Michael Meyer (CFO von DB Schenker Austria).
Foto: Bernd Winter

Alexander Winter, CEO, sowie Michael Meyer, CFO von DB Schenker Österreich, sehen die Politik gefordert, geeignete Rahmenbedingungen für die Citylogistik zu schaffen. Mit Value Added Services wollen die Manager die eigene Kontraktlogistik ausbauen.

von: Bernd Winter

DB Schenker ist als Cluster Office mit Sitz in Wien für Österreich und zwölf Länder in Südost­europa verantwortlich. 2018 konnte ein Gesamtumsatz von rund 1,4 Milliarden Euro erwirtschaftet werden. Damit konnte das Rekordergebnis von 2017 ­gehalten werden. Verkehr wollte deshalb mit den zuständigen ­Managern von DB Schenker Österreich über die derzeitigen Herausforderungen und ihre zukünftigen Pläne reden.

Verkehr: Wie sieht Ihre Geschäftsentwicklung derzeit in Österreich aus?
Alexander Winter:
Prinzipiell ­sehen wir, dass wir die positive Entwicklung aus dem letzten Jahr auch 2019 fortsetzen können. ­Allein in Österreich haben wir beim Landtransport eine führende Marktstellung erreicht, die es zu halten gilt. Seit Kurzem ­merken wir einen leichten Rückgang der Volumina am heimischen Markt. Das erhöht natürlich den Wettbewerbsdruck.

In welchen Branchen sehen Sie derzeit Marktrückgänge?
Winter:
Das betrifft u. a. den Elek­troniksektor. Dort werden auch Forecasts nach unten re­vidiert. Der Seefrachtbereich durchlebt derzeit ebenfalls eine eher schwierige Marktsituation, denn Volumina gehen zurück. Hier ­stehen wir nun auch im verstärkten Wettbewerb mit ­Carriern, die direkt auf den Markt kommen. Auch wenn im automotiven ­Bereich immer wieder Rückgänge kolportiert werden, können wir diese Erfahrung ­bisher nicht ­teilen. Ganz im Gegenteil – wir können hier immer wieder neue Projekte in Angriff nehmen. Das Gleiche gilt für die Messe- bzw. Luftfrachtsegmente. Die Kontraktlogistik entwickelt sich heuer sehr gut. In Österreich ­haben wir ­einen Schwerpunkt im pharmazeu­tischen Bereich, der sich sehr gut ent­wickelt hat und wo wir wieder mit einem Anstieg rechnen.

Wie wird sich die Kontraktlogistik bei Ihnen weiterentwickeln?
Winter:
Value Added Services sind bei uns ein großes Thema. Wir wollen stärker in das Assembling im automotiven Bereich einsteigen. Zusätzlich wollen wir auch unseren Reparatur- und Software-Service ausbauen.
Michael Meyer: Des Weiteren wollen wir in der industriellen Reinigung von Vorprodukten Fuß fassen. Derzeit führen wir das ­bereits für zwei Großkunden im automotiven Segment durch. ­Angetrieben durch E-Commerce wird für uns zukünftig sicher auch der Ab- und Aufbau von End-Consumer-Produkten interessant werden.

Wie entwickeln sich die Geschäfte in Südosteuropa?
Winter:
Als Highlights sind die Entwicklungen in Tschechien, Slowenien, Rumänien und Ungarn zu nennen. Von den Produkten her zählt sicher der Landverkehr zu unseren Stärken. In Südosteuropa entwickelt sich auch unsere Kontraktlogistik vor allem in den Bereichen Pharma, Automotive, Consumer Goods und Elektronik sehr gut. Im tex­tilen Segment sind wir derzeit noch kaum präsent – das wollen wir aber in den kommenden Jahren ändern, da wir hier allein schon durch die schnellen Konfektionsänderungen (teilweise wöchentlich) großes Potenzial sehen. Dieser Trend wird sich fortsetzen. Die Türkei macht derzeit eine schwierige Zeit durch. Aber ich denke, und einige Prognosen gehen schon in diese Richtung, dass sich der Markt dort wieder erholen wird. Für das kommende Jahr wird ein Wirtschaftswachstum von rund vier bis fünf Prozent vorhergesehen. Aber feststeht: Wir bleiben vor Ort am Ball und ziehen uns nicht aus der Türkei zurück.
Meyer: Volkswagen ist der einzige Massenfahrzeughersteller, der noch nicht in der Türkei mit ­einem eigenen Produktionswerk vertreten ist. Dort werden derzeit Überlegungen für einen Markt­eintritt durchgeführt.
Winter: Auch dem griechischen Markt bleiben wir treu, auch wenn dort derzeit die Prognosen für die zukünftige Wirtschafts­entwicklung schwierig sind. In Serbien und Rumänien sehen wir für die kommenden Jahre vor ­allem in der Kontraktlogistik noch viel Potenzial.

Ihre Buchungsplattform „connect4ocean“ wurde im Sommer 2018 ausgerollt. Wie sind Ihre Erfahrungen damit und wann sollen Plattformen für Landverkehre bzw. die Luftfracht folgen?
Winter:
Unsere Erfahrungen sind sehr positiv, auch wenn die Branche noch nicht zu 100 Prozent ­digitalisiert ist. Viele Kunden ­wollen nach wie vor den persönlichen Kontakt und eine schrift­liche Bestätigung ihres Auftrags. In Zukunft möchten wir rund 20 Prozent unseres Um­satzes über unsere digitalen Buchungsplattformen abwickeln. „connect4land“ soll ab September gelauncht werden. Danach folgt die Luftfracht bis Ende des Jahres.

Der Facharbeitermangel ist nach wie vor ein limitierender Faktor in der Branche. Welche Aktivi­täten setzen Sie, um dem ent­gegenzuwirken?
Winter:
Wir versuchen, dieser Thematik vor allem mit zwei Maßnahmen entgegenzutreten: Zum einen setzen wir nach wie vor stark auf die Lehrlingsausbildung. Im Schnitt haben wir in allen drei Lehrjahren in Summe rund 120 Lehrlinge pro Jahr beschäftigt. Der zweite Fokus liegt auf der Aus- und Weiterbildung un­serer Mitarbeiter. Hier hilft uns natürlich auch die DB Schenker Akademie, die Schulungen sowohl für die fachliche als auch für die persönliche Entwicklung anbietet.

Was tun Sie für die Nachhaltigkeit?
Winter:
Wir setzen hier primär auf drei Themen. Zunächst auf die Verdichtung von Trans­porten, um Leerfahrten möglichst zu ver­meiden bzw. auf ein Mindestmaß zu reduzieren. CO2-Angaben über die Transporte sind bei Groß­ausschreibungen von Aufträgen ein Muss, andere wollen diese teilweise zum ­Jahresende haben. Der zweite Schwerpunkt liegt für uns auf der Güterver­lagerung auf die Bahn. Wir ­wollen, wo möglich, den intermodalen Güterverkehr forcieren. Die dritte Säule befasst sich mit alternativen Antriebs- bzw. Energiegewinnungssys­temen.

Welche Wünsche haben Sie an die heimische Politik?
Winter:
Wir hatten in den letzten Jahren schon sehr viele ver­schiedene Verkehrsminister. Hier sollte zukünftig wieder mehr Konti­nuität einkehren und es müsste mehr Augenmerk auf den Transport und die Logistik gelegt werden. Die Herausforderungen werden etwa speziell in der Citylogistik weiter anwachsen und betreffen uns alle. Hier sollten von der Politik verstärkt Förderungen für alternative ­Lösungen zur ­Verfügung gestellt werden. Es werden beispielsweise neutrale Logistikplattformen und Logistikzentren zur Bündelung von ­Verkehren notwendig sein, um Leerfahrten und Parallelanlieferungen minimieren zu können.

Vielen Dank für das Gespräch!­

 

Dieses Interview erschien ursprünglich in der Ausgabe VK 36/2019.


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