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„Eine Verlagerung auf die Schiene ist ein interessantes Szenario“

Foto: DHL Express Austria
„Eine nachhaltige Verlagerung auf die Schiene ist aus unserer Sicht nur mit intensiven Investitionen in das Schienennetz sowie einer Trennung des Personen- vom Güterverkehr möglich“, sagt Andrea Plöchl-Krejci.
Foto: DHL Express Austria

Andrea Plöchl-Krejci, Ground Operations Manager bei DHL Express Austria, spricht im ­Interview mit Verkehr über die wirtschaftliche Lage, die Verkehrsverlagerung, den Masterplan Güterverkehr 2030 und die E-Mobilität. Zudem erklärt sie, was sie unter differenziertem Pricing versteht.

von: Josef Müller

Die gesamte Branche ist im Wandel und auch ein ­Konzern wie DHL Express ist davon betroffen. Wie stellen Sie sich auf diesen Transformationsprozess ein?
Als Unternehmen, das auf der ganzen Welt aktiv ist, ist es gerade in Zeiten wie diesen, die von Veränderungsprozessen geprägt sind, besonders wichtig, resilient zu sein. Das heißt, als Unternehmen müssen wir einerseits robust aufgestellt sowie zugleich auch agil genug sein, um auf Veränderungen rasch reagieren zu können.

Welche Strategie verfolgt DHL Express in Niederösterreich? Wie läuft das Geschäft aktuell und was sind die ­gegenwärtigen Herausforderungen in Ihrem Geschäft?
Unsere Strategie ist nicht hin­untergebrochen auf einzelne Bundesländer, sondern wir verfolgen eine Strategie auf Österreich-, Europa- sowie auf globaler Ebene. Zentral ist für uns, auf allen diesen Ebenen Trends frühzeitig zu verstehen und entsprechend zu handeln. Der größte strategische Schwerpunkt sowie zugleich auch die größte Herausforderung liegt in den nächsten Jahren mit Sicherheit im Bereich Nachhaltigkeit. Hier setzen wir beispielsweise gezielt auf die Elektrifizierung unserer Flotte und bieten unseren Kunden klimaneutrale Lösungen an.

Was verstehen Sie konkret unter Nachhaltigkeit?
Gerade beim Thema Nachhaltigkeit und Innovationen ist uns ein großer Schritt gelungen: Seit kurzem bieten wir unseren Kunden das neue Service „GoGreen Plus“ an. Damit haben Kunden die Möglichkeit, die mit ihrem Frachtaufkommen verbundenen CO2-Emissionen durch den Einsatz von nachhaltigem Flugkraftstoff (SAF) zu reduzieren („Insetting“). Das Insetting durch GoGreen Plus ermöglicht den Kunden die Senkung ihrer Scope-3-Emissionen, also die indirekten Treibhausgasemissionen, die in der Wertschöpfungskette eines Unternehmens entstehen, einschließlich nachgeordnetem Transport und Vertrieb. Im Gegensatz zu Offsetting-Ini­tiativen reduziert GoGreen Plus (Insetting) die Emissionen innerhalb des Logistiksektors und kann damit von DHL-Kunden für die freiwillige Emissionsberichterstattung genutzt werden. Das Service folgt der Philosophie der Science Based Target ­Initiative.

Aktuell mangelt es nicht an ­finanziellen Herausforderungen, haben wir es doch immer noch mit hohen Energiekosten und Inflation zu tun. Wie gehen Sie als DHL Express mit diesen Challenges um? Können Sie steigende Kosten an Ihre Kunden weiterverrechnen?  
Naturgemäß sind auch wir mit steigenden Kosten konfrontiert. Bei der Weitergabe von Kosten achten wir darauf, dass wir diese nicht pauschal gleichermaßen an alle, sondern dort, wo sie auch entstehen (zum Beispiel in ländlichen Gebieten), bzw. an jene, die sie auch verursacht haben, weitergeben. Der monatlich berechnete Treibstoffzuschlag wäre ein Beispiel dafür. Wir arbeiten aber mit einem differenzierten Pricing. Das heißt: Sinken die Kosten für uns, sinkt der Preis auch für unsere Kunden.

Die Politik wünscht sich die Verlagerung von der Straße auf die Schiene. Wie blicken Sie auf dieses aktuell heiß diskutierte Thema?
Eine nachhaltige Verlagerung auf die Schiene ist aus unserer Sicht nur mit intensiven Investitionen in das Schienennetz sowie einer Trennung des Personen- vom Güterverkehr möglich. Das sind die wesentlichen Voraussetzungen, damit eine Verlagerung von der Straße auf die Schiene realistisch umsetzbar ist. Grundsätzlich ist eine Verlagerung auf die Schiene ein interessantes Szenario, welches wir gerne auch in Österreich erproben würden, so wie es DHL auch schon in anderen Ländern macht.

Welche Forderungen stellen Sie an die österreichische ­Politik?
Was wir gerade angesichts des derzeitigen Fachkräftemangels benötigen, sind gute, qualifizierte Arbeitskräfte. Dazu braucht es endlich eine flächendeckende Ganztagesbetreuung, damit Eltern eine realistische Chance zur Vollzeitarbeit haben. Darüber hinaus braucht es ein modernes Migrationssystem, das es ausländischen Fachkräften leichter ermöglicht, in Österreich zu arbeiten.

Der Masterplan Güterverkehr 2030 legt einen starken Fokus auf die E-Mobilität im Güterverkehr. Ist das Ihrer Meinung nach sinnvoll?
E-Mobilität ist die derzeit am weitesten fortgeschrittene Technologie zur Vermeidung von Emissionen und somit in den kommenden Jahren die wahrscheinlichste, realistischste Maßnahme, die uns zur Verfügung steht, um das Erreichen der Klimaziele zu unterstützen.

Österreichs ehrgeizige Ziel, bis 2040 klimaneutral zu sein, wird von der Branche immer skeptischer betrachtet. Wie sehen Sie das?
Diese Beurteilung obliegt anderen Experten. Wir sind allerdings der Überzeugung, dass es alternativlos ist, sprich wir gar keine andere Wahl haben. Denn aus unserer Sicht sollten gerade hochentwickelte Länder wie Österreich ihre Möglichkeiten nutzen und als Vorreiter fungieren.

Die Logistik-Branche sucht nach wie vor Fachkräfte und Lkw-Fahrer. Wie sehr tangiert DHL Express dieses Thema und wie rekrutieren Sie neues Personal für Ihre Abteilungen?
Wir sind stolz darauf, in Österreich, aber auch weltweit jeweils auf Platz eins beim „Great Place to Work“-Ranking zu sein. Das ist eine Auszeichnung, die auf Mitarbeiterbefragungen beruht. Diese Prädikat konnten wir erreichen, weil wir bereits vor vielen Jahren erkannt haben, dass motivierte Mitarbeiter der Schlüssel zum Erfolg sind.
Wir achten sehr auf eine wertschätzende Unternehmens­kultur und dass diese auch von allen Führungskräften entsprechend gelebt wird. Das ist gerade in der aktuellen Arbeitsmarkt-­Situation ein wesentlicher Vorteil, der uns das Recruiting erheblich erleichtert.


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