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„Aus der Pandemie gewachsen“

„Wir rechnen auch heuer wieder mit einem sehr guten Gesamtjahresergebnis im Bereich von 53.000 Tonnen“, berichtet Norbert Draskovits, CEO des Flughafens Linz.
Fotos: Linz Airport
Die geografisch günstige Lage hat auch dazu beigetragen, dass sich vollintegrierte Paketdienste wie DHL oder UPS in Linz angesiedelt haben, erklärt Draskovits.
Fotos: Linz Airport

Eine exportstarke Wirtschaft, effiziente Prozesse und eine gute geographische Lage sind Faktoren, die den Flughafen Linz zu einem bedeutenden Umschlagplatz für Luftfracht machen, sagt Norbert Draskovits, CEO des Flughafens, in einem Gespräch mit Verkehr.

von: Christian Pöchhacker

Verkehr: Mit 62.597 Tonnen Fracht konnte der Flughafen Linz ­im Jahr 2021 ein Rekordergebnis erzielen. Im Vorjahr war es mit 55.429 Tonnen das zweitbeste Ergebnis. Wo reiht sich da der Airport im europäischen ­Vergleich ein?
Norbert Draskovits: Unter den 44 Flughäfen der DACH-Region belegt Linz den 11. Platz. Wir sind damit in Bezug auf die Luftfracht größer als etwa der Flughafen Hamburg. Allein im Jahr 2021 konnten wir den Umschlag um 48 Prozent im Vergleich zur Vorperiode steigern. Man kann also sagen, dass wir aus der Pandemie heraus stark gewachsen sind.

Verkehr: Corona hat für eine stark ­anziehende Nachfrage in Bezug auf die Luftfracht gesorgt. Wie wird es aber jetzt nach der Pandemie weitergehen? Kann man schon eine Prognose für das begonnene und nach wie vor von Unsicherheiten geprägte Jahr wagen?
Draskovits: Im Vorjahr waren die Monate Jänner und Februar noch von der erhöhten Nachfrage auf Grund der Pandemie geprägt. Was wir aber schon sehen, ist, dass die Konjunktur und damit die Nachfrage nach Logistikdienstleistungen weiterhin gut läuft. Jänner 2023 war ein guter Monat, und obwohl das Geschäft aktuell von einer gewissen Kurzfristigkeit gekennzeichnet ist, rechnen wir auch heuer wieder mit einem sehr guten Gesamtjahresergebnis im Bereich von 53.000 Tonnen.

Verkehr: Der Flughafen Linz hat also schon seit langer Zeit ein ­starkes Frachtgeschäft. Wie hat sich die Infrastruktur dafür im Laufe der Zeit entwickelt?
Draskovits: Schon seit 1994, also bald 30 Jahren, wird kontinuierlich und stark in den Ausbau der In­frastruktur investiert. Damals wurde das erste Frachtterminal in Betrieb genommen, das zweite bereits 1996. Es folgten dann ein drittes in 2000, ein viertes in 2006 und vor zehn Jahren, also 2013, noch ein fünftes. Wir selbst betreiben zwei von diesen Terminals, die restlichen drei sind vermietet.
Fracht ist ein wesentlicher Teil unserer Organisation. Von den 150 Mitarbeitern des Flughafens ist rund ein Drittel in diesem Bereich beschäftigt. Aktuell investieren wir in die weitere Elektrifizierung unseres Fuhrparks. Auch einen High Loader mit einer Kapazität von 15 Tonnen haben wir bereits in Betrieb.

Verkehr: Welche Herausforderungen brachten die Pandemiejahre mit sich?
Draskovits: Die ersten Monate der Pandemie hinterließen auch im Frachtverkehr ihre Spuren. Doch schon zur Jahresmitte 2020 gelang die Kehrtwende. Da half es, dass wir zu Beginn der Pandemie mit Turkish Cargo einen zusätzlichen regulären Frachtcarrier gewinnen konnten. Die Fluglinie flog mit einer Boeing 777F und einem Airbus A330F zweimal wöchentlich ­jeweils von Linz nach Istanbul. Zum Ende des Winterflugplans 2021/22 hat Turkish Cargo ihre Flüge nach Österreich ausgesetzt. Wir hoffen, dass wir die Verbindung bald wieder anbieten können. Gespräche dazu laufen bereits.
2021 erreichten wir dann das bereits erwähnte All Time High. In diesem Jahr hatten wir 52 Sonderflüge mit Großraumflugzeugen. Mit kurzen Durchlaufzeiten konnten wir uns in der Branche einen guten Namen machen.
Durch eine sehr gute Zusammenarbeit mit dem Zoll waren wir zum Teil um Tage schneller als andere europäische Airports. Die Zusammenarbeit mit den Behörden ist uns extrem wichtig. Und damit hatten wir dann die Situation, dass bei uns beispielsweise Lkw mit dem Ziel Hamburg weggefahren sind und schneller an ihrem Bestimmungsort waren als bei ­einer direkten Abfertigung über Deutschlands größtes Luftfahrtdrehkreuz Leipzig.

Verkehr: Effektive Prozesse sind also Ihr Schlüssel für den Erfolg?
Draskovits: Das Entscheidende ist oftmals, wie lange der Zoll für die Freigabe der Ware benötigt. Die Prozesse schneller und einfacher zu machen, ist wesentlich für den Wettbewerb mit anderen Airports. So haben wir jetzt erst wieder zwei Millionen Euro in eine neue ULD-Anlage investiert. Diese Anlage ermöglicht den automatischen Transport und die Lagerung von Flugzeugcontainern in der Halle. Das ist ein weiterer Beitrag zur Steigerung der Effizienz. Und wir können alles abfertigen, sowohl in Bezug auf Ware als auch Flugzeugtypen.

Verkehr: Welche Bedeutung hat der Standort für die Entwicklung des Fracht­geschäfts?
Draskovits: Zum einen ist die starke oberösterreichische Wirtschaft zu erwähnen, deren Anteil an den gesamtösterreichischen Exporten bei 27 Prozent liegt. Darüber hinaus liegen wir geografisch günstig auf einer Nord-Süd-Achse zwischen Bayern und Slowenien. Und das bayerische Einzugsgebiet ist größer als Österreich. Das macht uns für Speditionen aus diesem Raum natürlich interessant. Diese Lage hat auch dazu beigetragen, dass sich vollintegrierte Paketdienste wie DHL oder UPS in Linz angesiedelt haben. Wenn solche Unternehmen nach Standorten suchen, schauen sie, wie schnell sie auf der letzten Meile sein können und welches Einzugsbiet sie damit abdecken.
Schon vor zehn Jahren ist es uns gelungen, DHL bei uns anzusiedeln. DHL hat seine Europa-Drehscheiben in Leipzig und Brüssel. Und aus beiden heraus haben wir eine werktägliche Flugverbindung. Das hat in weiterer Folge dazu geführt, dass DHL vor drei Jahren ein Vertei­lerzentrum mit einer maximalen Jahreskapazität von 22.000 Sendungen errichtet hat. Auch UPS hat seit Jahren ein Vertei­lerzentrum am Flughafen Linz.

Verkehr: Und es gibt einen weiteren prominenten Neuzugang in Linz.
Draskovits: Seit Anfang August des Vorjahres fliegt Amazon Air nach Linz. Das ist das Ergebnis einer Ausschreibung, die das Unternehmen 2021 durchgeführt hat. Die Fluglinie fliegt in Europa derzeit 14 Flughäfen an. Linz ist die Nummer 15. Geflogen wird sechs Mal die Woche aus Madrid mit einer Boeing 737-800 Frachtmaschine. Die Verbindung ist sehr gut angelaufen. Das Unternehmen stellt an uns hohe Ansprüche hinsichtlich Qualität und Pünktlichkeit. Wir sind zuversichtlich, dass diese Flugverbindung mittelfristig das Potenzial einer Aufstockung hat. Die restlichen 14 Flughäfen in Europa haben ­übrigens nur zwei bis drei tägliche Flüge.

Verkehr: Die Kooperationen gehen über den Frachtbetrieb hinaus.
Draskovits: Seit Jänner 2021 arbeiten wir mit der GrowthNow Group, der ersten deutschsprachigen Luftfrachtakademie am Flughafen Linz, zusammen. Die Gruppe ist ein Regional Training Partner der IATA, die zusätzliche und neue kompetenzbasierte Schulungsmöglichkeiten anbietet. Der Flughafen Linz bietet während der Lehrgänge die einzigartige Möglichkeit, direkt im Luftfrachtlager die Abläufe hautnah und praxisorientiert kennen zu lernen.

Vielen Dank für das Gespräch!


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