Den hohen Digitalisierungsgrad des baltischen Landes konnte die Delegation vor Ort erleben. | © HHM / Arno Mikkar
Rund 100 Teilnehmende aus Politik, Wirtschaft und Hafenlogistik kamen zusammen, um über Zukunftsthemen wie Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Resilienz maritimer Infrastruktur zu diskutieren.
Bereits zum Auftakt unterstrichen Lübecks Bürgermeister Jan Lindenau und Niels Wiecker, Direktor Hafen und Logistik bei der Behörde für Wirtschaft und Innovation Hamburg, die strategische Bedeutung des Austauschs: „In einer Zeit der politischen Unsicherheiten wollen wir mit unseren Partnern in Estland daran arbeiten, neue Handelswege zu erschließen, Innovationen voranzutreiben und die maritimen Netzwerke Europas zu stärken.“
Ein Schwerpunkt der Gespräche war die Reduktion von CO₂-Emissionen im Güterverkehr. Denn derzeit werden zwischen Deutschland und Estland deutlich mehr Waren über die Straße transportiert als über umweltfreundlichere Verkehrswege.
Sebastian Jürgens, Geschäftsführer der Lübecker Hafen-Gesellschaft (LHG), betonte: „Zwischen beiden Ländern werden derzeit viermal mehr Waren per Lkw als über See oder Schiene transportiert.“ Durch eine Verlagerung auf grüne Korridore ließen sich bis zu 70 Prozent Emissionen einsparen.
Transfennica-Geschäftsführer Dirk Witteveen verwies auf die Flexibilität seines Unternehmens: „Steigt das Ladungsaufkommen, können wir sehr kurzfristig und flexibel mit einer Ausweitung unseres Fahrplans darauf reagieren.“
Auch auf estnischer Seite wird die Partnerschaft mit Deutschland als Chance verstanden. Kaupo Läänerand, stellvertretender Generalsekretär für maritime Wirtschaft im estnischen Ministerium für Wirtschaft und Kommunikation, erklärte: „Die Russland-Sanktionen haben unsere Häfen stark getroffen.“ Gleichzeitig biete die Lage auch Potenziale: „Die Rückgänge wirken wie ein Booster, um Kooperationen im Logistiksektor mit Deutschland jetzt zügig auszubauen.“ Ein Beispiel für diese Dynamik ist das neu gegründete estnische Cluster maritimer Dienstleister, das 60 Unternehmen mit einem Gesamtumsatz von zwei Milliarden Euro vereint. „Wir suchen aktiv den Austausch mit Partnern in Deutschland. Gerade zum Thema ‚kritische Infrastrukturen‘ möchten wir unser Know-how teilen“, so Läänerand.
Für Marina Basso Michael, Regionaldirektorin Europa bei Hafen Hamburg Marketing (HHM), war das Forum ein Erfolg: „Der dreitägige Austausch bot eine hervorragende Gelegenheit, unsere Zusammenarbeit auf ein neues Niveau zu heben und voneinander zu lernen.“
Auch die wirtschaftliche Standortattraktivität Estlands wurde thematisiert.
Riina Leminsky, Leiterin der Wirtschaftsförderung Enterprise Estonia in der DACH-Region, hob hervor: „Während Hamburg als globales Logistikzentrum und Lübeck als Ostseedrehscheibe den baltischen Staaten Zugang zu weltweiten Märkten bieten, bringt Estland sein attraktives Geschäftsumfeld, hochqualifizierte Arbeitskräfte und digitale Expertise ein.“ Den hohen Digitalisierungsgrad des baltischen Landes konnte die Delegation vor Ort erleben. Riia Sillave, CEO bei HHLA TK Estonia, zeigte beim Besuch des Containerterminals Muuga moderne Anwendungen autonomer Fahrzeuge: „Wir haben hier beispielsweise in einer perfekt digitalisierten Umgebung autonom fahrende Zugmaschinen des Münchener Technologieunternehmens Fernride erfolgreich im Einsatz.“
Zum Abschluss der Delegationsreise zog Jan Lindenau ein positives Fazit: „Ich bin über die Reaktionen unserer estnischen Partner auf unseren Besuch positiv überrascht.“ Die Geschichte der Hanse sei in den baltischen Staaten weiterhin präsent: „Auf dieser Tradition bauen wir gerne auf.“ Als konkretes Ergebnis kündigte Sebastian Jürgens ein Folgetreffen im Sommer 2025 an: „Wir haben die Communities erfolgreich zusammengebracht und gesehen, dass die Potenziale für umweltfreundliche Verkehre buchstäblich auf der Straße liegen. Ohne große Investitionen in neue Systeme können wir die bestehenden Verkehre per Schiff und Schiene schon heute besser nutzen.“