GATX Rail Europe macht historischen Deal

27.11.2025 | Schiene

Der europäische Privatgüterwagenvermieter GATX Rail Europe hat von DB Cargo Tausende Güterwagen abgekauft und damit eine bedeutende Akquisition erzielt, erklärt CEO Johann Feindert.

Es sind keine leichten Zeiten für die privaten Vermieter von Güterwagen. Die geopolitischen Entwicklungen, wirtschaftlichen Schwächen, Produktionsverlagerungen weg von Europa und damit sinkende Transportvolumina hinterlassen Spuren im Geschäftsmodell der in dieser Branche tätigen Unternehmen. So etwa beim global tätigen Privatwagen-Anbieter GATX Corporation, der in Europa mit GATX Rail Europe (GRE) in den vergangenen Jahren seine derzeit 30.500 Waggons umfassende Flotte nicht mehr so leicht voll auslasten kann wie in den vergangenen Jahren. Johann Feindert, CEO von GATX Rail Europe und zugleich Präsident des europäischen Dachverbandes der Privatwagenvermieter UIP, sagt es im Gespräch mit Verkehr ganz klar: „Die Auslastung unserer Flotte ist in den vergangenen Monaten zwischen fünf und 15 Prozent zurückgegangen.“

Vermietet sind die Wagen auf Basis von längerfristigen Verträgen, wobei sich die Spannbreite von früher längeren Laufzeiten auf heute ein bis drei Jahre verkürzt hat, was nicht zuletzt mit den wirtschaftlichen Perspektiven in einzelnen Industriebereichen begründet ist. Spotgeschäfte sind bei GATX nicht im Fokus.

Faktum ist, dass in einzelnen Industriesektoren die für Wagenvermieter interessanten Mengen weniger wurden und werden, weil beispielsweise Produktionen aus Europa verlagert werden, was beispielsweise im Chemiebereich zu beobachten ist.

Unternehmen wie GRE sind aber auch indirekt von den hohen Energiekosten betroffen, mit denen viele Bahnen in Europa konfrontiert sind. Diese schlagen kostenseitig massiv durch, und das bekommen Privatwagen-Akteure ebenfalls zu spüren, weiß der Top-Manager, der seit fast 36 Jahren in diesem Geschäft tätig ist. Das hat zur Folge, dass die Margen eine sinkende Tendenz zeigen und Wagenvermieter Investitionen auf den Prüfstand stellen müssen. Dabei ist auch zu beobachten, dass wegen der hohen Produktionskosten die Bahnen im Wettbewerb mit dem Lkw immer öfter das Nachsehen haben, sprich Transporte auf die Straße abwandern, weil der Transport billiger. Diese Tendenz nimmt man bei GRE mit Sorge wahr, da bei der nachhaltigen, umweltfreundlichen Mobilitätsform immer mehr Räder stillstehen und die potenziellen Waggon-Depots in Europa alle ziemlich voll sind. Ruhende Assets, die Kosten verursachen und kein Geld in die Kassen bringen und die CO₂-Emissionsreduktion nicht unterstützen. Feindert: „Wir können aus unserer Branche derzeit keine Jubelrufe vermelden.“

GATX schiebt sich weltweit auf Platz eins vor

Dennoch: GATX zeigt Mut in unruhigen Zeiten und hat im September dieses Jahres einen „historischen Deal“ vollzogen, wie Feindert es formuliert und was wohl einem dezenten Jubelruf gleichkommen kann. Der Deutschen Bahn wurden nicht weniger als 6.000 Güterwagen abgekauft – Waggons unterschiedlicher Typen. Das Positive dabei: GATX muss sich vorläufig nicht um deren Auslastung kümmern. Die DB mietet die Wagen nämlich von GATX wieder zurück und organisiert deren Befrachtung in Eigenregie.

Auch in den USA hat GATX kürzlich ordentlich eingekauft und vom Finanzdienstleister Wells Fargo 105.000 Güterwagen übernommen. Damit wurde der eigene US-Fuhrpark von derzeit 111.000 Wagen um die zugekauften 105.000 auf 216.000 Einheiten aufgestockt. Rechnet man die europäische Flotte von 36.500 und die indische Flotte von über 10.000 dazu, steigt GATX zum weltgrößten Wagen-Anbieter mit mehr als 263.000 Waggons auf, merkt Feindert nicht ohne Stolz an. In Europa befinden sich von den rund 600.000 rollenden Wagen etwa die Hälfte in Händen privater Wagen-Anbieter.

Zu beobachten ist, dass sich einzelne Bahngesellschaften von Waggons trennen, doch große Bahndienstleister werden weiterhin auf eine eigene Bestandsflotte setzen, schätzt Feindert. Hingegen tummeln sich auf dem Markt viele kleinere Bahnunternehmen, die keine eigenen Waggons ob ihres Non-Asset-Anspruchs haben können oder wollen und daher die Wagenvermieter als Lieferanten zwingend benötigen. Allerdings wollen die Bahnen ihrer operativen Verantwortung immer weniger nachkommen und diese an die Wagenhalter abgeben, ortet Feindert eine Marschrichtung, der er und seine Branche gar nicht nachkommen können: Sie wollen die P-Wagen-Anbieter in die Betriebsverantwortung einbeziehen und damit Kosten auf diese abwälzen. „Diese Verantwortung und Haftung können wir nicht übernehmen, weil wir nicht Teil des Betriebes sind und auch keinerlei Einfluss darauf haben“, stellt Feindert klar.

Im Allgemeinen Verwendungsvertrag (AVV) sind üblicherweise alle Rechte und Pflichten im Verhältnis zwischen Wagenhalter und Bahnkunde vereinbart, und so soll das auch in Zukunft bleiben, plädiert der Top-Manager mit klarer Kante.

Schweiz gefährdet europäische Interoperabilität

Eine große Herausforderung für alle Wagenhalter in Europa bedeutet aktuell der Schweizer Sonderweg bei Radsatzprüfungen bei Waggons. Nach dem Unfall im Gotthard-Basistunnel im Sommer 2023 hat das Schweizer Bundesamt für Verkehr (BAV) Mitte September dieses Jahres eine Verordnung herausgegeben, wonach Revisionsintervalle für Güterwagenradsätze massiv verschärft werden. Die neuen Vorschriften des Schweizer BAV hätten bis Ende dieses Jahres exekutiert werden müssen, nun wurde die Frist auf Ende 2026 verlängert. Feindert als Präsident der UIP: „Mit der BAV-Vorschrift wird die Interoperabilität im Bahnverkehr in Europa zerstört.“ Sicherheit hat schon jetzt den höchsten Stellenwert, aber nationale Alleingänge, die alle Wagenhalter betreffen, dürfen nicht passieren, argumentiert die P-Wagen-Branche. Sie soll mit drastisch verkürzten Instandhaltungsintervallen die Hauptlast tragen, während Bahnunternehmen und Infrastrukturbetreiber weitgehend verschont werden.

Mit den neuen Vorschriften setzt sich das BAV über die Ergebnisse des von der Europäischen Eisenbahnagentur ERA eingesetzten „Joint Network Secretariat“ hinweg. Die dort vereinbarten Maßnahmen liegen seit Juli 2024 vor und werden bis Jahresende aktualisiert. Statt diese Verfahren zu respektieren, beschreitet die Schweiz einen Sonderweg, der den Schienengüterverkehr in Europa in seinen Grundfesten erschüttert, befürchtet Feindert. Dazu kommen enorme Zusatzkosten in Millionen-Euro-Dimensionen pro Jahr auf die Wagenhalter zu. Trotz all dieser Hemmnisse: Der Schienengüterverkehr ist und bleibt der nachhaltigste und sicherste Verkehrsträger in Europa. Mit den Worten „Gemeinsames Ziel muss es sein, die Wettbewerbsfähigkeit und die Interoperabilität zu stärken“ schließt Feindert das Gespräch ab.

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