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Laut einer Statistik der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) von Ende 2017 liegt der Frauenanteil bei den Selbständigen in der Sparte Transport und Verkehr bei gerade einmal 13,1 Prozent. In den heimischen Mobilitätsunternehmen sind auch nach wie vor weniger als ein Drittel der Beschäftigten Frauen. Daran hat sich in den letzten paar Jahren nur sehr wenig getan. Die Schritte in Richtung eines ausgewogenen Frauenanteils vollziehen sich nach wie vor langsam. Auch an der Tatsache, dass in kleineren Unternehmen die Frauenquote höher liegt als in größeren, hat sich nicht allzu viel geändert. Frauen in Führungspositionen und im höheren Management sind in der Transport- und Logistikbranche noch immer eine Seltenheit. Dieses Schicksal teilen sie mit ihren Geschlechtsgenossinnen in den Bereichen Technik und Industrie. In diesen Berufsgruppen ist also noch Luft nach oben. Und so engagieren sich Frauen in Management-Positionen in erwähnten Branchen immer öfter dafür, dass auch Ausbildungen, die nicht zu den klassischen weiblichen Berufen zählen, prominenter auf dem Radar potenzieller weiblicher Nachwuchskräfte auftauchen.
Starthilfe durch Fortschritt
Zugegeben, die Transport- und Logistikbranche zählt zu den Berufssparten, die traditionell mit (zumindest teilweise) schwerer körperlicher Arbeit assoziiert werden. Frauen landeten deswegen vor allem in Jobs mit einem Schwerpunkt auf Dienstleistung und Administration. Doch das kann sich zukünftig drastisch ändern. Die Branche befindet sich in einem grundlegenden Wandel: In den Bereichen Prozess- oder Warenmanagement, in denen immer häufiger Roboter und Automatisierungslösungen zum Einsatz kommen, könnte diese Einstiegshürde nach und nach verschwinden. Auch Entwicklungen wie Big Data, Künstliche Intelligenz, Drohnen und technologische Gamechanger wie die Blockchain treiben den Fortschritt in der Logistik an. Für Berufseinsteiger attraktiv ist der Sektor allein schon aufgrund seines Wachstumspotenzials. Dank E-Commerce und des weltweiten Anstiegs des Frachtaufkommens werden in den kommenden Jahren immer mehr gut ausgebildete Fachkräfte gebraucht. Letztes Jahr veröffentlichte das Handelsinstitut EHI die Studie "Personal in der Handelslogistik 2017". Darin gaben Handelsunternehmen an, dass Frauen in der Logistik des Handels immer gefragter sind, vor allem in der Lagerorganisation bzw. -verwaltung und an den Lagerstandorten. Dort liegt ihr Beschäftigungsanteil in rund der Hälfte der befragten Unternehmen oberhalb der 33-Prozent-Marke. Unter den Berufskraftfahrern sind Frauen jedoch kaum wahrzunehmen: Ihr Anteil in diesem Bereich beträgt kaum mehr als ein Prozent
Die EU will den Frauenanteil erhöhen
Gemeinsam mit dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss hat die EU-Kommission Ende 2017 die sogenannte "Platform for Change" gestartet. Das erklärte Ziel von Verkehrskommissarin Violeta Bulc und von Georges Dassis, dem Präsidenten des Wirtschafts- und Sozialausschusses, ist es, den Anteil von Arbeitnehmerinnen im Transportsektor zu erhöhen und die Berufschancen von Frauen im Vergleich zu denen von Männern zu verbessern. Dabei rief Bulc die Unternehmen und Organisationen anlässlich des Plattform-Starts dazu auf, bei dieser Initiative mitzumachen und durch das Unterschreiben einer Erklärung die Gleichstellung von Frauen und Männern in diesem Wirtschaftszweig zu unterstützen. Denn nicht nur um die Zahl der weiblichen Führungspersonen in der Branche ist es nach wie vor in ganz Europa traurig bestellt, es existiert auch ein deutlicher Unterschied in der Bezahlung. Männer haben in den gleichen Jobs und bei gleicher Leistung noch immer deutlich höhere Einkommen. Schon bei den Einstiegsgehältern nach der Ausbildung schaffen es laut der aktuellen Studie einer deutschen Jobplattform Männer besser, ihre monetären Interessen durchzusetzen. Und dieser Einkommensunterschied zieht sich dann wie ein roter Faden durch den gesamten Karriereweg. Viele Frauen stoßen in der Branche auch mit Forderungen nach flexiblen Arbeitszeiten oder Homeoffice immer noch auf taube Ohren. Nur etwa 6,3 Prozent der Logistikunternehmen bieten heute die Möglichkeit an, zumindest teilweise von zu Hause aus zu arbeiten.
Frauen organisieren sich
Die Transport- und Logistikbranche gilt trotz aller technischen Fortschritte unter Insidern als besonders traditionell und hemdsärmelig. Und obwohl gerade bei den akademischen Ausbildungen der Frauenanteil besonders hoch ist (zwischen 35 und 50 Prozent der Studierenden, die eine höhere Ausbildung im Logistikbereich absolvieren, sind mittlerweile Frauen), spiegeln die Chefetagen der Unternehmen diesen Trend bei weitem noch nicht wider. Doch die Powerfrauen in diesem Wirtschaftszweig haben begonnen, sich in Netzwerken zu organisieren, um gemeinsam etwas für die Chancengleichheit zukünftiger Generationen weiblicher Logistiker zu bewegen. Schließlich ist es sogar wissenschaftlich erwiesen, dass gemischte Teams erfolgreicher wirtschaften. So zum Beispiel der kürzlich gegründete DamenLogistikClub (Verkehr berichtete, VK 17/2018), der sich als Lern-, Empowerment- und Vernetzungsplattform für Logistikerinnen versteht. Auch die geballte Fachliteratur über Führung und Management ist sich einig, dass den eher weiblichen, kooperativ orientierten "Soft Skills" bei der Bewältigung der Herausforderungen, die uns die digitale Zukunft bescheren wird, eine besonders große Bedeutung zukommt. Es ist also an der Zeit, dass sich etwas bewegt in der Branche und dass die berüchtigte "gläserne Decke" endlich verschwindet.