„Wir haben Kunden, für die ökologische Kriterien eine Voraussetzung für die Zusammenarbeit darstellen“, sagt Marian. (Fotos: Südost Cargo)
Wie beurteilen Sie aktuell die Lage auf dem Markt für Pharmatransport? Welche spezifischen Herausforderungen sehen Sie derzeit in der temperaturgeführten Logistik?
Grundsätzlich haben wir einen nach wie vor stabilen Markt mit viel Potenzial. Entgegen dem allgemeinen Trend konnten wir auch heuer wieder signifikantes Wachstum erzielen und sehen weiteres Potenzial – speziell bei mittelständischen Kunden sowie bei Nischen in der Nische, also komplexeren Destinationen oder Leistungen. Auf der Relation Deutschland–Österreich ist auch im Pharmasegment nicht mehr viel zu holen. Spannend bleiben hingegen Destinationen mit höherer Komplexität wie Russland, die Ukraine oder Nordafrika – sie sind eines unserer wesentlichen Differenzierungsmerkmale.
Generell herausfordernd ist der mittlerweile auch in der Pharmalogistik spürbare Preisdruck, was angesichts der makroökonomischen Lage wenig überrascht. Kosteneffizienz ist eine logische Hausaufgabe für uns. Gleichzeitig bleibe ich bei meiner Überzeugung, dass extrem niedrige Preise meist nur kurzfristig funktionieren.
Zudem spielen neue technologische Möglichkeiten wie KI eine immer wichtigere Rolle. Wir haben bereits mehrere Projekte umgesetzt und noch viele weitere in der Pipeline. Die richtige Balance aus Technologie, Automatisierung und Effizienz einerseits sowie persönlichem Service und Betreuung durch den Menschen andererseits ist für uns entscheidend.
Wie stark spüren Sie die wirtschaftlichen Folgen der internationalen Zollkonflikte in Ihrem Geschäft?
Sehr stark spüren wir die Auswirkungen bei den Destinationen Russland und in die ehemaligen GUS-Staaten. Aufgrund der politischen Verwerfungen kämpfen wir täglich mit volatilen Kapazitäten, Frachtkosten und Verfügbarkeiten, was deutliche Auswirkungen auf die Lieferketten hat. Neben den operativen Herausforderungen betrifft das vor allem unsere Planbarkeit. Die starken Schwankungen erzwingen laufende Neubewertungen der Risiken, weshalb wir diese Relationen inzwischen wesentlich strukturierter monitoren und absichern müssen, statt rein tagesaktuell zu reagieren.
Richtung Westen beziehungsweise Übersee bemerken wir bisher nur geringere Auswirkungen – das dürfte allerdings eher eine Momentaufnahme sein.
Welche Auswirkungen hatte die jüngste Rezession auf die Nachfrage nach Logistikdienstleistungen im Pharmasegment?
Wir verspüren keine spürbaren Auswirkungen auf die Nachfrage. Das lässt sich leicht erklären: Medikamente werden auch in einer Rezession benötigt, und an der Gesundheit wird nicht gespart. Der Fokus auf Budgets und der damit verbundene Kostendruck auf Logistikleistungen ist jedoch stärker als in den Jahren zuvor.
Wie entwickelt sich das Luftfrachtgeschäft für Südost Cargo?
Sehr gut – wir haben den Break-even bereits innerhalb eines Jahres erreicht. Mit unserem Setup und unseren Stärken konnten wir uns im Markt klar positionieren, und sowohl das Geschäft als auch das Team wachsen stetig. In Synergie mit unserem starken Landverkehrsteam macht das richtig Spaß.
Mittlerweile ist die Entscheidung gefallen, unser Geschäftsmodell um die Modalität Seefracht zu erweitern. Mittelfristig wird bei uns daher ein kombiniertes Air-&-Sea-Team entstehen.

Worum geht es konkret in der Kooperation mit dem Fraunhofer Institut?
Grundsätzlich geht es darum, notwendige, aber nicht produktive Prozesse mithilfe von KI zu automatisieren und dadurch zusätzliche Ressourcen zu schaffen. Diese Prozesse finden sich in vielen Unternehmensbereichen; aktuell konzentrieren wir uns auf die Transportnachbearbeitung und Qualitätssicherung. Das ist jedoch erst der Anfang – das Fraunhofer Institut ist hierbei ein starker Sparringpartner.
Welche Innovationen oder technischen Systeme testen Sie aktuell im Rahmen dieser Zusammenarbeit?
Aktuell arbeiten wir neben der bereits erwähnten automatisierten Transportnachbearbeitung und Qualitätssicherung auch an einem KI-basierten Pricing-Tool sowie an einem KI-gestützten „Schattendisponenten“, der operative Kolleginnen und Kollegen künftig von Routineaufgaben entlasten wird.
Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit und CO₂-Reduktion im Pharmalogistik-Bereich Ihres Unternehmens?
Eine sehr große. Wir stehen kurz vor der Zertifizierung unseres Umweltmanagementsystems. An unserem Standort haben wir bereits weitreichende Maßnahmen umgesetzt und in den vergangenen Jahren rund 300.000 Euro investiert. Mit dem Umweltmanagementsystem gehen wir nun den nächsten Schritt – nämlich hin zu unseren Partnern.
Auch auf Kundenseite gewinnt ökologische Nachhaltigkeit stark an Bedeutung. Wir haben bereits Kunden, für die bestimmte ökologische Kriterien eine Voraussetzung für die Zusammenarbeit darstellen.
Wie verändert die zunehmende Regulatorik im Pharmatransport Ihre operativen Prozesse?
Die regulatorischen Anforderungen ändern sich im Pharmatransport nicht sprunghaft. Relevante Regulatorien entwickeln sich stetig weiter, bleiben aber in ihren Basisanforderungen verlässlich. Herausfordernder ist die Vielzahl kundenspezifischer Anforderungen bei der Umsetzung dieser Normen.
Wir erbringen Leistungen für über 100 Pharmaunternehmen – überspitzt formuliert bedeutet das über 100 unterschiedliche Anforderungsprofile. Unsere Philosophie ist es, uns nach den Bedürfnissen der Kunden zu richten. Das heißt, wir müssen diese unterschiedlichen Anforderungen effektiv und effizient in unsere operativen Prozesse integrieren – und darin liegt auch eine Chance.
Unser vollständig digitalisiertes Qualitätsmanagementsystem steht zudem vor einer KI-Anbindung, mit der wir diese Integration künftig noch effizienter gestalten können.
