„In Österreich könnte man CO₂ aus industriellen Prozessen nutzen, um eFuels zu erzeugen“, sagt Schwarzer. (Foto: eFuel Alliance Österreich / Weinwurm Fotografie)
Sie moderieren ein Panel zum Thema Regulatorik auf der eKKon, die Sie mitorganisieren. Welche regulatorischen Hürden verhindern aus Ihrer Sicht Investitionen in den Hochlauf?
Die größte Hürde liegt in den bestehenden EU-Regulierungen für die Produktion von Wasserstoff und seinen Derivaten. Da wir auch zukünftig einen Großteil unseres Energiebedarfs in Form von Molekülen (flüssige und gasförmige Energieträger) importieren werden, müssen im Zuge der Energiewende fossile Energien durch nicht-fossile ersetzt werden. Doch die EU-Vorgaben, welcher Wasserstoff als „grün“ anerkannt wird, sind so komplex, dass Investoren kaum garantieren können, alle Kriterien zu erfüllen. Das führt zu massiver Unsicherheit bei potenziellen Abnehmern wie OMV oder Shell, die keine Lieferverträge abschließen, wenn sie nicht hundertprozentig garantieren können, dass das Produkt den Vorgaben entspricht. Dies ist aktuell kaum leistbar.
Ein spezielles Problem sind die Vorgaben zur CO₂-Quelle: Aktuell ist industrielle CO₂-Nutzung nur bis 2041 zulässig, und die Quellen müssen einer CO₂-Begrenzung unterliegen, wie es in Europa der Fall ist. Solche Quellen gibt es weltweit aber kaum. Das zwingt Produzenten dazu, teure CO₂-Quellen zu nutzen (z. B. die Luft), was die Projekte wirtschaftlich unattraktiv macht. Klar, eFuels sind anfangs teurer als Erdöl aus der Wüste, deshalb braucht es Anschub bei der Markteinführung – dieser fehlt aber. Die Investoren werden im Regen stehen gelassen.
Das EU-Zulassungsverbot für Verbrenner enthält Ausnahmen für eFuels. Wie tragfähig ist dieses Schlupfloch?
Das Verbrenner-Aus lähmt Investitionen in synthetische Kraftstoffe, denn das wäre der größte Anwendungsbereich. Stand heute ist der Verbrenner durch Pönale de facto verboten – es braucht einen (in Aussicht gestellten) Rechtsakt, um das zu korrigieren. Die EU muss endlich Farbe bekennen und ihre Versprechen bezüglich Technologieoffenheit einlösen. Eine Überprüfung der Methodik soll heuer im dritten Quartal stattfinden, was ein positives Indiz sein könnte. Um den Markthochlauf auszulösen, reicht es nicht, dass das Verbot eventuell doch nicht kommt.
Für einen echten Durchbruch braucht es eine grundlegende Nachbesserung, nämlich die Anerkennung der CO₂-Minderung. Uns drohen in den 2030er-Jahren hohe Strafzahlungen, wenn wir die Klimaziele nicht erreichen.
Ein Schwerpunkt der Veranstaltung ist die geostrategische Komponente von eFuels. Welche Rolle wird Südamerika aus Sicht der eFuel Alliance langfristig als Lieferregion spielen?
Südamerika wird eine zentrale Rolle als Hoffnungsregion für die eFuel-Produktion spielen – ebenso wie Nordafrika und der Mittlere Osten. In Südamerika kommt prinzipiell fast jedes Land infrage. Regionen wie Chile oder Brasilien bieten riesige Potenziale durch Flüsse mit viel Wassermenge und Gefälle sowie reichlich Sonnen- und Windenergie. Wir werden beispielsweise auch ein Projekt aus Paraguay präsentieren, das Wasserkraft zur eFuel-Produktion nutzt – ein großer Kostenvorteil.
Einige Kritiker argumentieren, dass die Energieverluste bei eFuels zu groß seien.
Die Diskussion ist berechtigt aber sie greift zu kurz. Natürlich sind eFuels nicht der energieeffizienteste Weg. So wie österreichische Windparks wegen der Standortbedingungen nicht die effizienteste Form der Stromerzeugung sind. Aber sie sind der einzige Weg, um Ökostrom in flüssige Energie umzuwandeln und damit speicherbar, transportierbar und einsetzbar zu machen, gerade in der Luftfahrt, Schifffahrt oder in der Bestandsflotte.
Es gibt auf dem Globus im Verhältnis zum Energieverbrauch ein Vielfaches an Energiepotenzialen. Wirkungsgrade sind nicht das Wichtigste – wichtiger ist, dass Energie dort zur Verfügung steht, wo sie gebraucht wird. Heute importieren wir Erdöl aus der Wüste oder dem Meer, künftig sollen es eFuels aus windstarken und einstrahlungsintensiven Weltgegenden sein.
Was ist aus Ihrer Sicht die realistischste Roadmap für den eFuel-Markt in Österreich?
Unsere Modelle sagen voraus, dass eFuels in der Mitte der Dreißigerjahre eine erhebliche Rolle spielen werden. Das setzt voraus, dass man die Weichen rasch stellt. Das wird auch passieren. Momentan verhindert die EU noch selbst, dass die Wirtschaft in den Klimaschutz investiert. Bezeichnend ist, dass die EU das Thema Importe ausklammert – die müssten angesichts der Mengenrelationen (mehr als 60 % des Energieverbrauchs wird durch Importe gedeckt) Priorität Nr. 1 sein.
In Österreich könnte man CO₂ aus industriellen Prozessen nutzen, um eFuels zu erzeugen. Man könnte damit auch fossiles Rohöl substituieren. Das wäre eine Lösung für Unternehmen, die ihre CO₂-Emissionen nicht vermeiden können. Auch hier steht die Gesetzgebung im Weg. Wir brauchen dafür ein CO₂-Kreislauf-Gesetz, das die Nutzung von fossilem CO₂ als Ressource erlaubt – anstelle des von Anfang an sinnwidrigen CO₂-Verbotsgesetzes.
Was erwarten Sie sich ganz konkret von dieser Veranstaltung?
Ein Signal an die Politik – dass diese Branche lebt, investiert, Lösungen baut. Für die Konferenz erwarte ich heuer einen Netzwerkeffekt: Niemand plant ein eFuel-Projekt für ein paar Liter. Wer mit einer Demo- oder Pilotanlage beginnt, hat meist die Skalierung schon mitgedacht. Wenn es bei einem Windrad geht, wird es auch bei 60 Windrädern funktionieren – und erst dann wird es interessant, sagte mir ein Investor. Aber dafür braucht es Vertrauen in die regulatorischen Rahmenbedingungen. Noch ist vieles Zukunftsmusik – aber die Melodie ist da.