Bei der 14. CombiNet-Jahrestagung diskutierten rund 100 Branchenvertreter über 25 Jahre Bahnliberalisierung, aktuelle Infrastrukturprobleme und Wege zur Stärkung des Kombi-Verkehrs. (Foto: CombiNet / Paul Fastner)
Seit 25 Jahren läuft die von der EU initiierte Liberalisierung des Bahnsystems in Europa, und nach so vielen Jahren steht es beim Kombinierten Verkehr nicht zum Besten. Einige Barrieren bestehen nach wie vor, auf die Verlader und Kombi-Operateure nur bedingt Einfluss nehmen können, wie bei der 14. Jahrestagung des Vereins CombiNet zu hören war. Rund 100 Verlader, Kombi-Operateure, Bahnvertreter sowie Vertreter von Ministerien und Institutionen kamen zusammen, um über das Thema „25 Jahre Bahnliberalisierung in Europa“ zu reflektieren. Dabei ging es um Rückblick, Status-Bestimmung und Ausblick mit Fokus auf den Kombinierten Verkehr.
Eröffnet wurde die Tagung vom neuen Obmann des Vereins, Nikolaus Hirnschall, Geschäftsführer des Kombi-Operators Roland Spedition. Sein Unternehmen gehörte zu den ersten, die sich bei der Traktion der Züge privater EVU bedienten und von der Schienenliberalisierung profitierten.
CombiNet vertritt die Interessen der heimischen Kombi-Operateure und fungiert seit mehr als 20 Jahren als Sprachrohr in Richtung Verkehrsministerium und verschiedener Institutionen. Verkehrsminister Peter Hanke schaltete sich per Video zur Veranstaltung zu und bezeichnete den Kombi-Verkehr als den Hebel für die Verkehrswende. 90 Prozent aller Container zwischen Österreich, Europas Nordhäfen und vice versa rollen aktuell auf der Bahn, und künftig soll noch mehr auf die Schiene kommen, wünscht sich der Minister. Er kündigte an, dass Österreich in den nächsten Jahren weiterhin massiv in die Bahninfrastruktur und Kombi-Terminals investieren werde.
Beim Blick auf die 25-jährige Liberalisierung lautet der Befund: Österreich hat relativ diszipliniert und rasch die mit der Liberalisierung verbundenen Regeln umgesetzt; in anderen Ländern war das bisher „weniger ambitioniert“, wie Erich Possegger (CombiNet-Generalsekretär) formulierte. Mit der Liberalisierung sollten die Bahnen größere Marktanteile gewinnen und der Wettbewerb auf der Schiene angekurbelt werden. Dies gelang zum Teil, beginnt sich jedoch aufgrund vielfältiger Behinderungen bei der Infrastruktur in einzelnen Ländern – besonders in Deutschland – umzukehren. Zugverspätungen, Umleitungen und Stehzeiten wegen zahlreicher Sanierungsprojekte stehen auf der Tagesordnung und behindern den Kombi-Verkehr massiv.
Private EVU als Treiber des Marktes
In Österreich halten private EVU derzeit einen Marktanteil von 43 Prozent; ihr Anteil am Kombi-Verkehr liegt bei rund 55 Prozent. Die Linzer LogServ war eines der ersten EVU, das auf den Markt kam und im ersten Jahr 700.000 Tonnen auf dem ÖBB-Netz transportierte. Heute sind es sieben Millionen Tonnen, und das eigene EVU CargoServ fungiert primär als EVU für die voestalpine Stahl, macht aber auch 20 bis 30 Prozent Transporte für Dritte. Ziel damals: Mit eigenem EVU Kosten sparen und die Versorgungssicherheit für die Mutter sicherstellen, so Markus Schinko, Geschäftsführer von LogServ und CargoServ.
Zu den ersten auf dem Markt zählt auch das deutsche EVU Lokomotion, das zum deutschen Kombi-Operateur Kombiverkehr gehört und sich im Transitverkehr zwischen Deutschland und Italien durch Österreich engagiert. Armin Riedl, Geschäftsführer von Lokomotion und Kombiverkehr, sieht die Gegenwart des Kombi-Verkehrs alles andere als rosig: In Deutschland steigen 2026 die Trassenpreise um 25 Prozent, drohen die Energiekosten weiter zu explodieren, und Kombiverkehr hat gemeinsam mit weiteren Kombi-Operateuren einen offenen Brief an die neue DB-Chefin Evelyn Palla und Deutschlands Verkehrsminister Patrick Schnieder geschrieben, in dem sie vor einer größeren Rückverlagerung von Gütern von Schiene auf die Straße eindringlich warnen. Riedl betont: „Die Rückverlagerung findet schon jetzt statt, und wer zurück auf der Straße ist, kommt vielleicht in fünf Jahren wieder auf die Schiene zurück.“ Gefordert werden unter anderem eine Nullrunde bei den Trassenpreisen, besseres Baustellenmanagement, Aussetzung von Stornierungsentgelten und eine Betriebserschwerniszulage für minderwertige Trassen während der Infra-Sanierungsarbeiten.
Neue Perspektiven
Für Jochen Weber, den beim Transportunternehmen Gartner verantwortlichen Kombi-Manager, gibt es bei der Bahnliberalisierung auch nach 25 Jahren noch viele offene Fragen, und das Geschäftsmodell der Kombi-Terminals sollte neu gedacht werden. Weber: „Letzteres gefällt uns Operateuren gar nicht.“ Aufgrund von Zugverspätungen kommt es in den Terminals häufig zu Staus, wodurch unnötige Zusatzkosten entstehen. Aus Sicht von Christian Glauninger, Geschäftsführer der Montan Spedition, hat sich die Bahnliberalisierung bisher positiv ausgewirkt, weil mehr Wettbewerb entstanden ist und Österreich auf einen qualitativ anspruchsvollen Einzelwagen-Verkehr verweisen kann, wie kaum ein anderes Land. Dieser sollte noch mehr gefördert werden, da er im kontinentalen Kombi-Verkehr essenziell ist.
Auch Monika Gindl-Muzik, Geschäftsführerin des WienCont-Terminals, sieht Vorteile der Bahnliberalisierung: Wagenverkehre auf Anschlussbahnen würden unattraktiver, während Ganzzüge einen Aufschwung erleben. „Die Bahnliberalisierung bringt Vorteile sowohl bei den Preisen als auch bei Innovationen.“
Andreas Mandl, Geschäftsführer des EVU LTE, ergänzt: „Solche Verkehre lassen sich mit einer anderen Organisationsform wirtschaftlich besser betreiben.“ Aus seiner Sicht war die Liberalisierung anfänglich schwer in die Köpfe der etablierten Staatsbahnen zu bringen, doch bis heute habe sich das Verhältnis zu den Staatsbahnen deutlich verbessert, und „die ÖBB Infra kümmert sich sehr um die Verkehre privater EVU“. Am Thema Infrastruktur scheiden sich derzeit die Geister, besonders in Deutschland, wo Mandl die Situation als „katastrophal“ bezeichnet – eine Wahrnehmung, die Kombi-Operateure, EVU und Verlader unisono teilen.
Wilhelm Patzner von der CER Cargo Holding lüftete das Geheimnis um die Übernahme der WLB-Cargo durch die ungarische Gruppe. Die Wiener Lokalbahnen (WLB) und ihre Eigentümerin, die Wiener Stadtwerke, hatten im Mai ein offenes Bieterverfahren gestartet, um ihre Tochtergesellschaft WLB-Cargo an einen strategischen Partner abzugeben. Laut Stadtwerke waren die wachsenden Verluste im internationalen Güterverkehr ausschlaggebend für die Entscheidung. Die CER Cargo Group ging als Bestbieter hervor und hat jetzt das Sagen bei der WLB-Cargo. Damit sei die Zukunft des Unternehmens langfristig abgesichert, teilt CER mit. Die Gruppe verfügt über Tochtergesellschaften in mehreren Ländern und sieht in der WLB-Cargo eine ideale Ergänzung für den Ausbau ihrer Aktivitäten in Österreich und Deutschland.
