Der wirtschaftliche Druck auf das Marktsegment der Einzelwagenverkehre steigt weiter – trotz Förderungen. (Foto: AdobeStock / 3D Horse)
Während der Personenverkehr in Österreich im Jahr 2024 neue Rekordmarken erreichte, zeigt sich im Schienengüterverkehr ein ganz anderes Bild. Der aktuelle Jahresbericht der Schienen-Control offenbart eine Branche, die zwar durch steigenden Wettbewerb in Bewegung geraten ist, aber in ihrer Gesamtleistung kaum wächst. Die Rail Cargo Austria bleibt mit einem Marktanteil von 57,3 Prozent zwar weiterhin führend, musste aber einen leichten Rückgang hinnehmen. Die privaten Bahnunternehmen gewinnen dagegen kontinuierlich Marktanteile hinzu – insbesondere auf wichtigen Transitachsen wie der Weststrecke und dem Brennerkorridor, wo sie bereits rund 60 Prozent des Verkehrsaufkommens stellen.
Trotz dieser Verschiebungen im Marktgefüge bleibt der Gesamtumfang des Schienengüterverkehrs nahezu unverändert. „Mehr Kuchenstücke – aber der Kuchen bleibt gleich groß“, bringt Maria-Theresia Röhsler, Geschäftsführerin der Schienen-Control, die Entwicklung auf den Punkt. Zwar seien im Jahr 2024 leichte Zuwächse bei den Netto- und Bruttotonnenkilometern verzeichnet worden, doch äußere Faktoren wie konjunkturelle Unsicherheiten, ein Rückgang der Nachfrage nach bahnaffinen Gütern sowie wetterbedingte Einschränkungen und großflächige Umleitungen infolge von Baustellen hätten eine stärkere Entwicklung verhindert.
Ein wachsender Engpass ist die mangelnde Trassenverfügbarkeit. Fast ein Drittel der Verkehrsleistung wurde 2024 über kurzfristig vergebene Ad-hoc-Trassen abgewickelt – bei privaten Anbietern lag dieser Anteil sogar über 40 Prozent. Daraus ergibt sich laut Röhsler ein klarer Handlungsauftrag: „Der Schienengüterverkehr braucht adäquate Trassen und eine europäische Baustellenkoordination.“ Ohne flexiblere und planbare Kapazitäten gerät die Wettbewerbsfähigkeit des Systems weiter unter Druck, insbesondere im Vergleich zum straßengebundenen Gütertransport.
Besonders kritisch zeigt sich die Lage beim Einzelwagenverkehr. Diese Transportform ist zwar essenziell für viele Regionen ohne Anbindung an große Hubs, jedoch zunehmend schwer wirtschaftlich darstellbar. Steigende Kosten, Personalmangel, fehlendes Rollmaterial und die Stilllegung zahlreicher Anschlussbahnen verschärfen die strukturellen Herausforderungen. Fördermaßnahmen allein reichen nicht mehr aus, um den Einzelwagenverkehr nachhaltig zu stabilisieren – auch, weil internationale Lieferketten immer weniger Spielraum für Unregelmäßigkeiten lassen.
Die Schienen-Control macht mit dem Bericht deutlich: Damit der Schienengüterverkehr einen aktiven Beitrag zur Verkehrsverlagerung leisten kann, braucht es gezielte strukturelle Maßnahmen, koordinierte Infrastrukturplanung auf europäischer Ebene und eine verlässliche Trassenpolitik, die die betrieblichen Realitäten der Bahnunternehmen berücksichtigt. Andernfalls bleibt der Einzelwagenverkehr ein Sorgenkind – und das Wachstumspotenzial der Schiene ungenutzt.