„Ein starkes Wirtschaftsbundesland braucht auch zukünftig starke Logistiker und Frachtführer“, sagt Reder. (Foto: WK Oberösterreich)
Die Firmengruppe Reder blickt auf über 119 Jahre Firmengeschichte zurück. Wie hat sich das Unternehmen in den letzten Jahrzehnten strategisch weiterentwickelt, und welche Meilensteine waren dabei besonders prägend?
Es begann 1903 mit einem kleinen Handel, bei dem bereits Milch von Bauernhäusern geholt wurde. 1928 besaßen unsere Vorfahren schon einen Lkw, und in den 1940er‑Jahren schon einen Milchtankwagen. Vom einstigen reinen Transportunternehmen haben wir uns zu einem Komplettanbieter für Transport, Lagerung und Logistik entwickelt.
Meilensteine waren die Übernahmen der Milchsammlung für große Molkereigenossenschaften in den 1990er‑Jahren. Dieser Bereich war in den Jahren davor nicht bedient worden. Mit dem Jahrtausendwechsel gingen auch einige Meilensteine einher: Mein jüngerer Bruder Harald stieg im technischen Bereich ins Unternehmen ein, und die Firmenzentrale wurde in Hörsching neu errichtet. In dieser Zeit wurde auch vermehrt mit Werkverkehrsübernahmen begonnen.
Ein weiterer Expansionsschwerpunkt sind Firmenübernahmen: Diese ergeben sich häufig dadurch, dass in Unternehmerfamilien keine Nachfolge vorhanden ist. In der Weiterführung durch die Reder Group werden Lebenswerke abgesichert. Die Übernahmen werden gut begleitet, Standorte werden nach Möglichkeit erhalten, Geschaffenes wird ausgebaut, und eine Weiterarbeit der ehemaligen Eigentümer bei uns ist keine Seltenheit. Manchmal werden Marken auch beibehalten – wie z. B. die Spedition Erro in Hörsching oder Tazytrans in NÖ.
Können Sie erläutern, wie und wann die zehn aktuellen Leistungsschwerpunkte entstanden sind?
Das ist nicht so genau zu sagen, weil ja viele Bereiche ineinanderfließen, sei es durch die Nutzung von Synergien innerhalb der Gruppe, aber auch durch enge Partnerschaften.
Manche Schwerpunkte ergeben sich aus der Geschichte: Es begann mit Handel und Milchtransporten, später forcierte man die Bauwirtschaft – sie war ein Liebkind unseres Vaters Josef Reder, der Architektur studiert hatte. Das Erbe davon ist vielleicht immer noch ein gut ausgelasteter Kran‑Lkw‑Fuhrpark. Seit damals werden auch Planenfahrzeuge für Fixchartereinsätze und Ladungsverkehr eingesetzt.
In den 1990er‑Jahren erfolgte, wie schon gesagt, der große Einstieg in die Milchlogistik. Eigentlich waren das Outsourcing‑Projekte der Molkereigenossenschaften, und ähnliche Projekte realisierten wir auch für andere Branchen. Bis heute sind wir darin sehr erfolgreich.
Im letzten Jahrzehnt haben wir auch unsere Lagerflächen erweitert und betreiben diese mit verschiedensten Kundenanforderungen. Das ergab sich auch aus der Übernahme der Tazytrans, die vorwiegend für Industriekunden fährt. Mit diesen Unternehmen sind wir auch vermehrt international tätig.
Welche Rolle spielen Innovation und Technik bei der Weiterentwicklung Ihrer Dienstleistungen?
Bei den Lkw haben wir bereits Testphasen mit elektrisch betriebenen Zugmaschinen sehr erfolgversprechend absolviert. Wir sehen hier gute Einsatzmöglichkeiten bei fixen Linien, aber auch im Milchsammeleinsatz – wenn das Tourengefüge passt. Im Investitionsplan der nächsten Jahre spielt die E‑Mobilität eine große Rolle – neben E‑Lkw (im ersten Schritt werden es rund zehn Lkw sein) stehen umfangreiche Investitionen in die notwendige Infrastruktur an – Ladestationen, Stromspeicher, PV‑Anlagen. Aktuell sind wir intensiv mit den umfangreichen Detailplanungen dazu beschäftigt, und ein Förderantrag für den nächsten ENIN‑Call ist in Vorbereitung.
Die Logistikbranche steht 2025 vor großen Herausforderungen wie Cyberkriminalität und Fachkräftemangel. Wie begegnet die Reder Group diesen Risiken?
Wir haben das große Glück, mit meinem Sohn Fabian einen IT‑Spezialisten in der Familie zu haben – damit ist dieser Bereich in den Händen der nächsten Generation, die bereits im Unternehmen tätig ist. Unsere Systeme werden laufend abgesichert, und es gibt eine permanente Sensibilisierung der Mitarbeitenden für das Thema IT‑Sicherheit.
Dem Fahrermangel begegnen wir seit Jahren mit verschiedenen Maßnahmen, zum Beispiel Mitarbeiterbindungsprojekten wie Benefits und Weiterbildungen im Haus. Bereits 2018 haben wir die Employer‑Branding‑Kampagne „Fahrer aus Leidenschaft“ gestartet, mit Mitarbeitenden und ihren Geschichten als Hauptdarsteller. Dafür haben wir den Werbepreis Caesar bekommen. Dieses Thema wird uns weiterhin massiv beschäftigen.
Lieferkettenprobleme sind laut aktuellen Studien weniger relevant geworden, politische Risiken aber nehmen zu. Wie schätzen Sie diese Entwicklung für Ihr Unternehmen ein und wie reagieren Sie darauf?
In unseren Märkten und im Kundenumfeld sehen wir diesbezüglich aktuell keine großen Probleme – abgesehen von globalen Entwicklungen, die ja die gesamte Wirtschaft betreffen. Generell ist das wirtschaftliche Umfeld, konkret die schlechte Baukonjunktur, herausfordernd, da wir stark im Bau‑ und Baunebengewerbe engagiert sind.
Darauf haben wir jedoch bereits 2024 reagiert: Kapazitäten wurden angepasst, und die internen Abläufe durchleuchtet und optimiert. Das hat gewirkt und hilft uns aktuell, gut durch die volatilen Zeiten zu kommen.
Nachhaltigkeit wird für Transportunternehmen immer wichtiger. Welche Maßnahmen setzt die Reder Group, um den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren und nachhaltige Transportlösungen zu bieten?
Auf unseren Firmengebäuden sind seit Jahren PV‑Anlagen mit einer Leistung von 125 kWp verbaut, vorwiegend um den Eigenbedarf in Büro, Lager, Werkstatt und E‑Pkw (zwei Drittel der Firmen‑Pkw sind bereits elektrisch) gut abzudecken. Mit dem Betrieb der E‑Lkw bekommt das Thema Stromproduktion, ‑einkauf und ‑management bei uns einen neuen Stellenwert – 2025/26 ist eine Erweiterung auf 2 MWp geplant.
Wir verwenden auch HVO100‑Treibstoff; 2024 waren das ca. 2,5 Millionen Liter oder 35 Prozent des jährlichen Eigenbedarfs. Das bedeutet eine CO₂‑Einsparung von etwa 6.500 Tonnen. Spritspartrainings für das Fahrpersonal und die laufende Fuhrparkerneuerung mit modernster Motorentechnologie sind seit Jahren gelebte Praxis, genauso wie softwaregestützte Tourenplanung.
Oberösterreich gilt als einer der führenden Logistikstandorte Österreichs. Welche Vorteile bietet der Standort für Ihr Unternehmen, und wie nutzen Sie die regionale Infrastruktur für Ihre Dienstleistungen?
Hörsching liegt im starken Wirtschaftsdreieck Linz–Wels–Steyr; damit gibt es viele starke Unternehmen in unterschiedlichsten Branchen, aber auch starke Konkurrenz in der eigenen Branche. Mit unserem strategischen Vertrieb möchten wir Kundenbeziehungen in unseren Dienstleistungsnischen konsequent festigen und weiter ausbauen. Das Ziel sind langfristige Geschäftsbeziehungen; wir tun unser Möglichstes, Kundenwünsche zu verstehen und umzusetzen. Dabei legen wir den Fokus auf Qualität.
Wo sehen Sie die größten Chancen und Herausforderungen für die Logistikbranche in Oberösterreich in den kommenden Jahren, und wie bereitet sich die Reder Group darauf vor?
Ein starkes Wirtschaftsbundesland braucht auch zukünftig starke Logistiker und Frachtführer; über das Volumen am Markt mache ich mir langfristig keine Sorgen – auch wenn es aktuell für uns sehr herausfordernd ist.
Wichtig ist, am Puls der Zeit zu bleiben: mit Innovation, Digitalisierung, den besten Mitarbeitenden – die wir gewinnen und fördern –, aber auch, antizyklische Investitionen zu tätigen und damit immer einen Schritt vor dem Mitbewerb zu sein.