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„Unser Hafen hat eine Verpflichtung, Entwicklungen voranzutreiben“

„Beim Gesamtumschlag von grünem Wasserstoff wollen wir einen Anteil von 25 Prozent erreichen“, erklärt Walter Holzhammer, Hafenver- treter in Österreich und Ungarn, im Interview mit Verkehr.
Fotos: Hafen Antwerpen-Zeebrugge
Fotos: Hafen Antwerpen-Zeebrugge

Walter Holzhammer, Vertreter des Hafens Antwerpen-Zeebrugge in Österreich und Ungarn, spricht über Bahntransporte, grüne Initiativen und die Energiewende.

Wie lief das Geschäft für den Hafen Antwerpen-Zeebrugge im ersten Jahr nach der ­Fusion?
Das Geschäft hat sich unter Berücksichtigung der multiplen Krisen durchaus gut entwickelt.Wir gehen mit einer guten strategischen Entwicklungsplanung in die Zukunft. Der Container-Bereich „spürt“ natürlich den Rückgang der Weltwirtschaft –wir haben, so wie alle Häfen in Europa, weniger Container umgeschlagen. Der Rückgang bei uns bewegt sich im im mittleren einstelligen Prozentbereich, wir stehen hier aber noch durchaus gut im Vergleich zu unserem Mitbewerb da.

Die Politik wünscht sich eine Verlagerung auf die umweltfreundliche Bahn, um die ­ambitionierten Klimaziele zu erreichen. ­Welche Bestrebungen gibt es seitens des Hafens, die schienenseitigen Verbindungen in Europa zu erweitern?
Wir arbeiten hier an einem Masterplan. Ein wichtiger Teilpunkt davon stellt das „Rail Bundling Konzept“ dar. Gemeinsam mit Partnerunternehmen im Hafen poolen wir fixe Volumen und schreiben diese dann gemeinsam im Markt aus. EVU können sich dafür bewerben und werden dann mit einem Kontrakt über eine vordefinierte Zeit fixiert. Das führt dazu, dass auch Unternehmen im Hafen, welche in der Regel den Lkw bevorzugen, in Richtung Bahn gelenkt werden, weil hier über die Logistikkosten ein Vorteil zu erzielen ist. Damit wollen wir auch unser eigenes Bahnnetz mit über 1.000 km aktiver nutzen und den Schienentransport attraktiver machen. Das wird auch zur Entwicklung neuer Hinterlandverbindungen und zur Erhöhung der Frequenzen auf den bestehenden notwendig sein, denn letztendlich entscheidet das EVU und der Bahnoperateur über ­Investments in diese Transportmodalität. Bei den aktuell rückläufigen Mengen ist eine solche Entscheidung aber nicht immer ganz einfach.

Haben wir aber überhaupt die Kapazitäten für weitere Mengen auf der Bahn?
Für die Verlagerung braucht es auch eine passende Infrastruktur und da hinkt man doch ein wenig hinterher. Die Politik will in kurzer Zeit nachholen, was sie lange verschlafen hat und setzt Ziele, für die sie nicht rechtzeitig Vorkehrungen getroffen hat. Ein Beispiel dafür wäre der Brenner Basistunnel. Wenn dieser fertiggestellt wird, haben wir zwar eine Volumenerweiterung im Tunnel selbst, jedoch wurden Investitionen in die Zulaufinfrastruktur zum Teil noch nicht gesetzt oder nicht einmal beschlossen. Speziell in Deutschland war man nicht ­aktiv genug. Was nützt uns der beste Tunnel, wenn es die Kapazität auf den Zulaufstrecken nicht schafft?
Auch die Kapazitäten in den Terminals müssen erhöht werden und es muss dort zu Optimierungen kommen. Wir in Antwerpen-Zebrugge investieren in den kommenden Jahren in den Ausbau und die Erweiterung der Terminalflächen (Extended Container Area) um weitere fünf bis sieben Millionen TEU. Hierfür müssen wir auch die hafeninterne Zulauf­infrastruktur genau planen.

Mit dem Schienenverkehr ­alleine rettet man die Welt nicht. Was leistet der Hafen Antwerpen-Zeebrugge im ­Bereich des Klimaschutzes?
Ein Hafen in unserer Größe hat eine gewisse Verpflichtung, ­Entwicklungen voranzutreiben, und die Liste der Schritte, die wir setzen, ist lang. Wir haben das Ziel ausgerufen, bis 2050 die Klimaneutralität zu erreichen, und beginnen aktuell mit den ersten Schritten. Bis 2025 wollen wir die von unserer eigenen Schlepper-Flotte verursachten Ausstöße um zehn Prozent reduzieren. Wir setzen auch schon die ersten mit Wasserstoff betriebenen Schlepper ein. Außerdem haben wir einen Klimaplan bis 2030 aufgesetzt und arbeiten parallel an einem effizienten Energiemanagement in unseren eigenen Gebäuden.
Es gibt natürlich noch weitere Projekte wie den Einsatz von Drohnen zur Beaufsichtigung des Hafengebiets oder das in Kürze startende Angebot von On-Shore-Elektrizität für Schiffe während der Verweilzeit am Pier. Über 20.000 Hochseeschiffe und 80.000 Barges werden so nicht mehr Schiffsdiesel zur Elektrizitätserzeugung brauchen. Was uns aber stets wichtig ist: Wir binden unsere im Hafen angesiedelten Unternehmen – das sind ca. 1.100 – in unsere Aktivitäten ein. Diese arbeiten zwar auch an eigenen grünen Plänen, nehmen aber auch an unseren Projekten teil.

Der Hafen verfolgt ambitionierte Pläne für den Ausbau der Infrastruktur für die Aufnahme, Lagerung, Umwandlung und den Weitertransport erneuerbarer Energien.
Der Bereich Energie ist natürlich ein absolut wichtiger und wir wollen uns bis 2030 als Energiehub für Europa positionieren. Aktuell werden 15 Prozent des gesamten LNG-Umschlags in Europa in unserer Plattform in Zebrugge getätigt.
Beim Gesamtumschlag von grünem Wasserstoff wollen wir einen Anteil von 25 Prozent erreichen. Derzeit arbeiten wir als Teil von Konsortien an Produktionsmöglichkeiten vor Ort. Viel wichtiger aber wird die Versorgung des europäischen Kontinents über derzeit bereits fixierte Lieferkorridore, wie z. B. Marokko, Ägypten, Chile, Namibia und weitere Regionen, in denen Sonnen- und Windenergie vorteilhaft sind. Dort erzeugter grüner Wasserstoff wird dann mit Trägerflüssigkeiten wie Ammonium über den Hub Antwerpen-Zeebrugge in die europäische Feinverteilung gespeist. Hier kommt uns unser eigenes Pipeline-Netzwerk zugute, welches an das europäische Netzwerk angeschlossen ist. Auch die Verteilung per Bahn wird sich hier etablieren.
Weiters sind auch die Bereiche Carbon Capture and Utilization sowie Carbon Capture and Storage wichtige Projekte des Hafens, zumal bei der Mischung aus grünem Wasserstoff und CO2 wiederum Methanol hergestellt werden kann. Dieses ist ja ein Ausgangsprodukt vieler chemischer Produktionen – also hätten wir auch hier eine Kreislaufwirtschaft etabliert.

Welche Wünsche hätten Sie an die (europäische) Politik?
Leider hat die Politik oft nicht den technischen Zugang oder auch das technische Verständnis zu den von ihnen geforderten Standards. Hier sollten Politikerinnen und Politiker proaktiv mit den Unternehmen zusammenarbeiten. Politische Entscheidungen benötigen zur Umsetzung auch Zeit, und die wird den Unternehmen oft nicht gegeben.


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