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Franz Staberhofer: „Mach nie, was der Kunde will“

Foto: FH OÖ
"Man muss wieder verstärkt nachdenken, wie man einen Wert stiften kann. Unser Zugang, unsere Sicht der Diszi­ plin Logistik ist, dass ich beim Kunden anfange und von dem, was der Kunde an Technologie wirklich braucht, ausgehe", sagt Franz Staberhofer.
Foto: FH OÖ

Wir sprachen mit Franz Staberhofer, Obmann des Vereins Netzwerk Logistik, über den kommenden 25. Österreichischen Logistik-Tag und die Entwicklung des Arbeitsausschusses Logistik.

von: Bernd Winter

Verkehr: Wie geht es dem VNL? Wie soll er sich in den kommenden Jahren weiterentwickeln?
Franz Staberhofer:
Als Verein Netzwerk Logistik geht es uns gleichbleibend gut. Neue Mitglieder drängen sich naturgemäß nicht auf, man muss mit Leistung überzeugen. Eine gute Wirtschaftslage ist dabei für viele Themenbereiche, die nicht ausschließlich zum Kernbusiness gehören, nicht ideal, da die Menschen schon so viel damit zu tun haben, dass für anderes kaum mehr Zeit bleibt. Zusätzlich zerstören sich gerade viele Firmen ihre Gehaltsstrukturen, da sie teilweise mit sehr überhöhten Gehältern Mitarbeiter abwerben. Wenn der derzeitige Wirtschaftsboom vorbei ist, werden diese Unternehmen unliebsam aufwachen, befürchte ich. Das wird dann sicher spannend, was dann passiert. Im Hinblick auf unsere Schwerpunkte in den kommenden Jahren gibt es mehrere Dimensionen: Zunächst wollen wir den Online-Channel mittels einer eigenen VNL-App inhaltlich bespielen. Damit haben wir vor kurzem begonnen und werden das konsequent weiterentwickeln. Neben unserem laufenden Schwerpunktthema "Supply Chain Management" wollen wir mehr Inhalte aus der Forschung generieren. Aus diesem Grund arbeiten wir verstärkt mit der VNL Schweiz zusammen. Vom Zugang her arbeiten sie dort allerdings ganz anders als wir. 


Was macht der VNL Schweiz anders?
Staberhofer:
Im Kern unserer Tätigkeiten unterscheiden wir uns hinsichtlich der Entwicklung von Lösungen primär für Industrie und Handel nicht voneinander. Unsere Schweizer Kollegen sind aber auch beauftragt, logistische Fördergelder zu vergeben, und betreiben u. a. Innovation Labs. Sie haben einen extrem innovationsgetriebenen Zugang und diesbezüglich tauschen wir uns schon jetzt, und in Zukunft noch mehr, aus.

Der kommende VNL-Logistik-Tag steht unter dem Motto "WERTENTFACHER". Wie sind Sie auf den Titel gekommen? Was dürfen sich die Besucher erwarten?
Staberhofer:
Nach internen intensiven Diskussionen hat sich der nunmehrige Titel ergeben. Ausgehend von den oft oberflächlichen 4.0-Diskussionen und Präsentationen, die entweder auf Power-Point-Ebene stattfinden oder mittels Demo-Objekten dargestellt werden. Ungeachtet dessen ergeben sich daraus auch viele Möglichkeiten für die Disziplin Logistik und man muss wieder verstärkt nachdenken, wie man einen Wert stiften kann. Unser Zugang, unsere Sicht der Disziplin Logistik ist, dass ich beim Kunden anfange und von dem, was der Kunde an Technologie wirklich braucht, ausgehe. Ich nutze Technologie nur dort, wo sie sinnvoll ist, dort wo sie sich rechnet, denn nur dann können wir Wert stiften. Unsere einzige verbleibende Frage ist: Wo fangen wir an? Und wo steht es uns nicht zu? Ich sage immer: "Mach nie, was der Kunde will, weil der Kunde immer das will, was er kennt, und davon will er noch mehr oder es soll noch billiger werden."

Das erinnert mich an ein Interview, das ich vor einiger Zeit mit dem Schokoladenproduzenten Joseph Zotter führte. Er sagte: "Wenn ich Kunden fragen würde, was sie für eine Schokolade haben wollen, würden alle sagen Nougat, Haselnuss oder Vollmilch - aber nie etwas Neues. Und deswegen frage ich meine Kunden erst gar nicht hinsichtlich der Entwicklung von neuen Schokoladensorten."
Staberhofer:
Das ist auch nicht sinnvoll. Aber man muss sich trotzdem wieder damit beschäftigen, was der Mensch wirklich will und braucht. Aber oftmals weiß er das selbst nicht mehr. Das heißt, ich muss entweder über den Kunden des Kunden draufkommen oder ich kann innovative Methoden, wie u. a. Design Thinking, anwenden.

Hat dann "4.0" einen Wert?
Staberhofer:
Ich sehe die 4.0-Diskussionen positiv. Hier wird zum ersten Mal seit langem so etwas wie Wirtschaftspolitik betrieben. Wir versuchen, Werte in der Supply Chain für den Kunden zu entfachen, und dann schauen wir, ob 4.0 (was ja nichts anderes als eine Bezeichnung für eine bessere, günstigere Möglichkeit der Digitalisierung ist) einen Beitrag liefern kann, um etwas günstiger zu machen oder einen neuen Wert zu entfachen.

Ein Wert kann sich auf Finanzielles konzentrieren (kostengünstiger, schneller, mehr in gleicher Zeit etc.). Oder es geht um ethische Werte, die jetzt durch die Robotik verstärkt diskutiert werden. Welche Aspekte wollen Sie am Österreichischen Logistik-Tag betonen?
Staberhofer:
Auch dahingehend hatten wir viele interne Diskussionen. Es gibt sogar Spezialisten, die den Wert der Welt berechnen können (von den Rohstoffen über Luft, Wasser etc.). Das würde uns aber heuer etwas zu weit gehen. Bei uns steht der individuelle Wert im Vordergrund. So kann beispielsweise die Möglichkeit, 24 Stunden am Tag im Internet surfen zu können, für jemanden einen Wert darstellen. Genauso wie für jemanden die Möglichkeit, sich Waren innerhalb von zwei Stunden anliefern zu lassen, ein Wert sein kann. Es ist auch erlaubt, einen Wert zu schaffen, der vorher noch nicht erkannt wurde - wenn z. B. automatisierte Systeme Fehler oder Kollisionen vermeiden können, ist ein zusätzlicher Wert entstanden. Ich muss mir nur überlegen, welchen Nutzen ich stifte, und dann habe ich Werte entfacht.

Und was ist ein Wert?
Staberhofer:
Ich hätte gesagt, etwas von dem irgendwer bereit ist, etwas herzugeben. Wenn Sie z.B. ein Medikament dringend brauchen, weil Sie Zahnschmerzen haben, und Sie bekommen dieses Medikament sofort, dann hat es einen Wert für Sie.


Die Fortsetzung dieser Story finden Sie in der aktuellen Print-Ausgabe (VK 20/2018) oder im Austria Kiosk.




Weitere Themen in der Ausgabe 20/2018 ( + Intermodal-Special):

- Wer darf Einfluss auf die vier Visegrád-Staaten ausüben?: Experten befürchten, dass China die politisch angespannte Beziehung zwischen den vier Visegrád-Ländern und der EU zum eigenen Vorteil ausnutzen und auf diese Weise den Riss innerhalb des europäischen Bündnisses verstärken könnte.

- Die Welt des Breakbulks an einem Ort: Auf der Breakbulk Europe 2018, die vom 29. bis zum 31. Mai 2018 stattfinden wird, trifft sich die globale Breakbulk-Branche, um sich über die neusten Entwicklungen auszutauschen. Ein Vorbericht.

- "Der Trend zu immer schwerer werdenden Komponenten hält an": Peter Stöttinger, Geschäftsführer von Felbermayr Transport­ und Hebetechnik, wünscht sich eine schnellere und weniger aufwändigere Bürokratie bei der Abwicklung von Schwertransporten.

- Schwertransport kann es ohne den Verkehrsträger Straße nicht geben: Dem Südtiroler Schwergutlogistiker Gruber Logistics macht die marode Infrastruktur auf den Straßen zu schaffen. Schiff und Bahn sind jedoch keine wirklichen Alternativen. Verkehr sprach mit Michael Gruber, Geschäftsführer des Logistikdienstleisters.

- "Von der Abnahme der verfügbaren Frachträume sind alle betroffen": Der zunehmend spürbare Lkw-Fahrermangel fördert das europäische Schwergutlogistik-Netzwerk BigMove heraus. Verkehr sprach mit dem Vorstandschef von BigMove, Olaf Beckedorf, über Wachstumschancen und Herausforderungen.

- Prangl transportiert Schwergut für die Firma Schlumberger: Zwei Weintanks, die ausgetauscht werden mussten, stellten eine besonders herausfordernde Aufgabe für den Logistiker dar.

- Polens Potenzial auf dem globalen Logistikmarkt wächst: Polen ist sich seiner Rolle als Drehscheibe für Asien-Verkehre bewusst. Mit großangelegten Investitionen möchte das Land seine Rolle weiter festigen.

- Wenn der Nachbar zustellt: Das Forschungsprojekt LoMaCro+ fokussiert sich auf die Stärkung des lokalen Einzelhandels, aber auch des sogenannten Crowd Delivery Konzepts. In Graz startete die Testphase.

- Für eine Handvoll Reis: Seit drei Jahren tüftelt Gregor Neumeyer am perfekten österreichischen Reiskorn. Verkehr besuchte die Anbaufelder von Neumeyers "Österreis" in Gerasdorf bei Wien.

- Wünsche an die Politik: Markus Schinko, Geschäftsführer LogServ und CargoServ:


Intermodal- Special:

- Terminal Service Austria will 2018 weiter wachsen: Nach umfangreichen Erweiterungsmaßnahmen wird der Terminal Wolfurt im Oktober in Betrieb genommen. Dank der neuen Kapazitäten will der Terminal Service Austria wachsen. Doch wie lauten die Pläne des Unternehmens?

- Die türkische Reederei U.N. Ro-Ro verstärkt Verkehre zwischen Wels und Triest: Die türkische Reederei wird ab Juni zehn Züge pro Woche zwischen Wels und Triest abwickeln.

- Kompetenzzentrum CombiNet: Der Verein CombiNet engagiert sich seit elf Jahren rund um das wichtige Thema Kombinierter Verkehr und ist das Sprachrohr für die Intermodal-affine Branche.

- 2016 gab es mehr Fördergelder für den Kombinierten Verkehr: Das Parlament hat den gemeinwirtschaftlichen Leistungsbericht für das Jahr 2016 veröffentlicht. Darin sind die öffentlichen Zuschüsse für den Bahngüterverkehr nachzulesen.

- 1.000-mal CargoBeamer-Alpin: Bereits 1.000-mal ist der CargoBeamer-Alpin-Zug zwischen Italien und den Niederlanden hin- und hergerollt- Zeit für eine Bestandsaufnahme.

- Containerterminal in Augsburg darf gebaut werden: Die GVZ-Region Augsburg bekommt einen neuen Intermodal-Terminal. Die politischen Weichen dafür wurden gestellt.

- Markenbotschafter auf Schiene: Eine Lokomotive der CargoServ in Linz fährt im voestalpine Corporate Design als "Markenbotschafterin" durch Europa.

- ECL verbindet Skandinavien mit Tschechien: European Cargo Logistics und DSV Road führen eine Shuttle-Verbindung zwischen Südschweden und Zaječí in Tschechien ein.

- SETG startet mit dem Single-Link: Seit Anfang 2018 bietet SETG Einzelwagen- und Wagengruppenverkehre an. 

- HHLA auf Einkaufstour: Der Hamburger Terminalbetreiber hat sich die beiden Unternehmen Transiidikeskuse und Metrans einverleibt. Seine Pläne sind ehrgeizig.

- Zehn Jahre Fercam in Österreich: Vor zehn Jahren eröffnete Fercam seine Österreich-Niederlassung. Heuer wird weiter expandiert.

- Auf Wasser und Straße zum Semmeringer-Basistunnel: 
Felbermayr transportierte 100 Einzelkomponenten auf dem Binnenschiff und mit dem Lkw von Frankreich zur Baustelle in der Steiermark.


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