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Dieselpreise, die schmerzen

Foto: Shutterstock / JulieStar
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Der Krieg in der Ukraine wirkt sich vermehrt auf die heimische Transport- und Logistikbranche aus. Verkehr hat mit Unternehmern und Verbandsvertretern über explodierende Diesel-, Strom- und Gaspreise sowie Laderaumknappheit gesprochen.

von: Josef Müller

Die Dieselpreise schießen derzeit durch die Decke und der Preis für einen Liter lag am Montag dieser Woche in Wien an der Zapfsäule knapp unter zwei Euro, nachdem er in den Tagen zuvor auch bei etwas 2,5 Euro lag. Seit Beginn dieses Jahres sind die Treibstoffpreise in ­Österreich um rund 45 Prozent gestiegen, durch die Ukraine-Krise ziehen die Preise weiter nach oben und bringen die Transportbranche hierzulande massiv unter Druck.

„Der Krieg gegen die Ukraine verschärft die Versorgungslage zusätzlich und es ist weiter mit massiven Kostensteigerungen zu rechnen“, prognostiziert Günther Reder, Obmann des Fachverbandes Güterbeförderung in der Wirtschaftskammer Österreich. Gefordert wird eine „Spritpreisbremse“, um die Branche nicht wirtschaftlich in Gefahr zu bringen. „Treibstoff darf nicht kosten, was er wolle. Es muss ein Ende geben“, ruft Alexander Klacska, Obmann der Bundessparte Transport und Verkehr in der Wirtschaftskammer Österreich, den verantwortlichen Politikern zu.

Die Politik ist gefordert
Aus Kreisen der Logistikbranche werden Forderungen an die ­Politik laut, in dieses Preiskarussell einzugreifen und preisdämpfende Maßnahmen zu setzen. Bis sich die Lage stabilisiert, sollte die ab Juli geplante CO2-Bepreisung ausgesetzt und die Mehrwertsteuer oder Mineralölsteuer reduziert werden. Als temporäre Maßnahmen wären sie für die Logistikwirtschaft sehr hilfreich, betont Reder.

Die Unternehmen selbst reagieren auf die Preisentwicklung, indem sie ihre Kunden informieren, dass sie die steigende Preise weiterreichen müssen. „Eine dramatische Entwicklung der steigenden Treibstoffpreise zeichnet sich in ­Österreich immer mehr ab und stellt Trucking-Unternehmen vor massive Probleme“, informiert etwa der Intermodal-Operator Roland Spedition seine Kunden. Aus diesem Grund sehe man es als unabwendbar an, im Lkw-Bereich einen Treibstoffzuschlag einzuführen. Betroffen davon sind die Lkw-Vor- und Nachlaufverkehre im Intermodal-Verkehr. Eingeführt wurde der Zuschlag am Mittwoch vergangener ­Woche. Über die konkrete Höhe werden die Kunden wöchentlich aktuell informiert. Die Berechnung des Zuschlags basiert auf den vom Verkehrsministerium veröffentlichten durchschnitt­lichen Treibstoffpreisen. 

Laut Roland Spedition seien die Treibstoffpreise seit November des Jahres bis heute um 20 Prozent gestiegen, was die Trucking-Nettofrachtrate um 6,2 Prozent verteuert habe. „Die Höhe des Treibstoffzuschlags richtet sich nach dem geltenden Treibstoffpreis zum Zeitpunkt des tatsächlichen Transporttermins“, heißt es weiter im Kundenrundschreiben von Roland Spedition. Man behalte sich das Recht vor, nachträglich eine Preisanpassung vorzunehmen.

Auch Rolf Hadolt, Geschäftsführer der steirischen Hadolt-Gruppe, sieht keinen anderen Weg, als die steigenden Preise an seine Kunden weiterzureichen: „Wir informieren gerade unsere Kunden, dass es eine Preisanpassung gibt.“ Auch er plädiert für eine Aussetzung der CO2-Bepreisung, „da der größte Profiteur an der jetzigen Gesamtsituation der Staat ist, wenn man die Mineralölsteuer bzw. die Mehrwertsteuer berücksichtigt.“ Ebenso sieht er eine Aussetzung der Mineral­ölsteuer für gerechtfertigt, zumal einige Länder in der EU eine Deckelung eingeführt hätten bzw. die Steuer gesenkt haben, wie beispielsweise Polen.

Hohe Strompreise
Neben den Treibstoffpreisen machen die anziehenden Strom- und Gaskosten der Branche zu schaffen. Für Karl Böntner, Geschäftsführer des Wiener Gefahrgutspeditionsunternehmens Saexinger, ist weniger der steigende Dieselpreis ein Problem als vielmehr die um 50 Prozent und mehr gestiegenen Strom- und Gaskosten, die ihn unternehmerisch belasten. „Wir haben in unseren Verträgen mit Kunden seit Jahren einen Dieselfloater eingebaut und gleichen damit Schwankungen bei den Treibstoffpreisen aus.“ Bei den Strom- und Gaspreisen sollte die Mehrwertsteuer ausgesetzt oder zumindest reduziert werden – das würde der Wirtschaft derzeit sehr helfen, ist er überzeugt. Den Dieselfloater aktiviert auch das Logistik-Unternehmen Bexity mit Sitz in Wien. Wegen der steigenden Dieselpreise „sehen wir uns gezwungen, den Dieselfloater von einer zweimonatigen auf eine monatliche Anpassung, rückwirkend per Anfang März, zu ändern“, teilt das Unternehmen seinen Kunden mit.

Beim österreichischen Zentralverband Spedition und Logistik (ZV) würde man ebenfalls eine Aussetzung der CO2-Bepreisung begrüßen. „Um die Kostenexplosion kurzfristig einzudämmen, wäre ein zeitlich begrenztes Aussetzen von Abgaben auf Treibstoffe und Energiekosten sinnvoll. Das wäre schnell umsetzbar, hocheffizient und würde Wirtschaft und Endverbraucher entlasten“, betont Alexander Friesz, Präsident des ZV, gegenüber Verkehr.

Es fehlen 100.000 Fahrer
Als Interessenvertretung habe man keinen Einblick, wie einzelne Logistikunternehmen ihre Preise konkret gestalteten. Faktum ist: Der Krieg in der ­Ukraine führt zu massiven Verteuerungen in nahezu allen Wirtschaftsbereichen. Die schon vor dem Kriegsausbruch hohe Inflation werde weiter dramatisch angeheizt und trifft durch die Teuerung die gesamte Bevölkerung, so Friesz. Doch die Logistikbranche steht noch vor einem weiteren großen Pro­blem: Durch den Krieg verlieren Europas Logistikunternehmen, und hier besonders solche in Polen und in den baltischen Staaten, rund 100.000 ukrainische Lkw-Fahrer, weil diese in den Wehrdienst in ihrem Heimatland eingezogen wurden. Friesz: „Damit verbunden ist eine Laderaumknappheit, die ­einen weiteren Kostenschub bedingt. Die kriegsbedingte Sperre des Luftraums führt zudem bei Asien-Verkehren zu ­einem erhöhten Kerosin-Verbrauch der eingesetzten Flugzeuge. Das sind zusätzliche Kostentreiber“, so Friesz.


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