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„Die Türkei hat sich leider zu einem Spotmarkt entwickelt“

Foto: Beelog
Etwa 90 Prozent der Transporte wickelt Beelog rein über die Straße ab, die restlichen zehn Prozent werden als Intermodal-Transporte organisiert.
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Tamer Tayyar, Geschäftsführer von Beelog, spricht im Interview mit Verkehr über die schwierigen Entwicklungen auf dem türkischen Markt, Sprachkenntnisse als Wettbewerbsvorteil und Full-Truck-Load-Transporte im Rundlauf zwischen der Türkei und Kontinentaleuropa.

Herr Tayyar, Beelog ist ein vergleichsweise junges Unternehmen, das sich recht erfolgreich in ein Nischengeschäft einarbeiten konnte. Wie hat Ihre Reise begonnen?
Also meine Karriere hat schon vor 15 Jahren bei LKW Walter begonnen, wo ich in der Abteilung für Österreich–Türkei-Verkehre zuständig war. Nach knapp sieben Jahren wechselte ich zu Gebrüder Weiss und durfte dort Transporte aus und in die GUS-Staaten organisieren. Es folgte eine weitere Station, diesmal Verkehre in Kontinental-Europa. Aber mich hat schon lange der Wunsch nach Selbstständigkeit begleitet und 2017 habe ich dann ein eigenes Unternehmen gegründet.

Ihr Ziel war, sich zu einem Türkei-Experten zu entwickeln. Stimmt es, dass Ihr ­allererster Transport in Richtung Polen ging?
Ja, das stimmt. Das erste Jahr war verdammt schwer, da habe ich tagelang herumtelefoniert, um Aufträge an Land zu ziehen. Mein erster Lkw fuhr dann, wie Sie bereits erwähnten, nach Polen; die nächsten dann aber in die Türkei. Es hat fast zwei Jahre gedauert, bis das Geschäft stabil genug war, um den ersten Mitarbeiter anzuheuern. In dieser Zeit haben wir regelmäßige Verkehre zwischen Österreich und der Türkei aufbauen können. Wenige Zeit später habe ich einen weiteren Mitarbeiter eingestellt, der sich um die Relation Deutschland–Türkei kümmern sollte.
Ich muss schon sagen, dass das auch aktuell die stärkste Relation für uns ist. Etwa 70 Prozent un­serer Kunden stammen aus ­Europa, also Deutschland, Österreich, den Benelux-Staaten sowie den Ländern Skandinaviens. Und die restlichen 30 Prozent sind türkische Firmen.

Der türkische Markt ist nicht einfach, besonders aufgrund der wirtschaftlichen Lage.
Das ist wahr, der türkische Markt ist wirklich sehr schwer. Von einem Tag auf den anderen können sich die Preise ändern. Es ist nicht lange her, dass wir mit unseren Kunden Jahrespreise vereinbart haben, mit manchen sogar gleich für drei Jahre. Momentan ist das allerdings unmöglich. Die Türkei hat sich leider mehr oder weniger zu einem Spot-Markt entwickelt. Die Kunden gehen jetzt Monats- oder maximal Drei-Monats-Verträge ein. Das klingt so formell, aber es läuft so ab, dass wir für Periode X den Preis für die Kunden gleich halten. Das ist natürlich immer mit ­einem gewissen Risiko verbunden, denn die Preise sind sehr schwankend in der Türkei – aber wir stehen immer zu unserem Wort.

Sie sagten, dass das erste Jahr schwierig war. Sie waren damals ja auch Einzelunternehmer und hatten keinen Konzern hinter sich, der neuen Kunden ein Gefühl von ­Sicherheit hätte vermitteln können. Was half Ihnen dabei, die ersten Kunden an Land zu ziehen?
Ich glaube, dass es drei Faktoren waren: Erstens natürlich meine Erfahrung – ich hatte ja schon etliche Jahre Türkei-Transportexpertise am Buckel. Zweitens waren auch meine Sprachkenntnisse ausschlaggebend: Ich habe zwei Muttersprachen – Deutsch und Türkisch. Für unsere europäischen Kunden ist es natürlich von großem Vorteil, dass sie nur ­einen Ansprechpartner haben, der dann die gesamte Abwicklung übernimmt. Und drittens, aber das kam später, helfen uns auch unsere Büros in der Türkei – eins befindet sich in Istanbul und eins an der türkisch-bulgarischen Grenze. Dadurch ist ständig jemand vor Ort, der sich um die Transporte kümmern kann.

Welche Produkte transpor­tieren Sie denn eigentlich?
Aus der Türkei in Richtung Europa werden hauptsächlich Textilien transportiert. Wir haben zum Beispiel einen großen türkischen Sportschuhhersteller als Kunden, der viel nach Europa exportiert. Und davon laden wir eine ganze Menge ein, denn wir setzen leichtere Trailer ein und können so etwa 24,5 statt den üblichen 22 Tonnen befördern. Aber auch viele Baumaterialien, unter anderem Aluminium-Profile oder Marmor-Stein, fahren wir ex Türkei. In Richtung Türkei sind es in der Regel Maschinenteile, Automotive oder Präzisionstechnik.  

Und alles wird mit dem Lkw gefahren?
Etwa 90 Prozent wickeln wir rein über die Straße ab, die restlichen zehn Prozent organisieren wir als Intermodal-Transporte. Letzteres bieten wir seit drei Jahren an, auch weil das Thema Nachhaltigkeit immer relevanter wird und unsere Kunden auch immer öfter danach fragen. Ich glaube schon, dass dieser Bereich wichtiger werden wird – und wir bleiben dran.

Sie haben aber keinen eigenen Fuhrpark?
Nein, wir sind eine reine Spedition und lagern den reinen Transport aus. Wir haben Unternehmen, mit denen wir fix im Rundlauf arbeiten. Ich habe so die Sicherheit, dass mir ein Fahrzeug für zum Beispiel die Strecke Istanbul–Wien–Istanbul immer zur Verfügung steht und das Unternehmen hat ebenfalls die Sicherheit, dass es nicht leer zurückfahren oder auf dem Weg noch weitere Stationen anfahren muss. Wir buchen nur FTL-Transporte. LTL wollen wir künftig zwar auch anbieten, aber derweil kennt man uns nur als reines FTL-Unternehmen.

Sie haben an Ihrem Standort am Alberner Hafen in Wien auch ein Lager mit ungefähr 2.400 m2. Ist dieser voll oder gibt es da noch Platz?
Also es gibt in der Regel immer ein Plätzchen für Kunden. Wir bieten den Raum einerseits als Zwischenlager an: Zum Beispiel haben wir einen Kunden, für den wir Ware transportieren. Es kommt also ein voller Lkw mit 33 Paletten zu uns und diese Paletten werden dann von hier aus in Österreich und Deutschland feinverteilt. Wir bieten die Flächen andererseits aber auch zur langfristigen Miete an. Allerdings wird bei uns nur trockene Ware, also kein ADR, kein Kühlgut, gelagert.


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