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„Die Bedeutung der Logistik wird auf jeden Fall zunehmen“

Foto: Verein Industrie 4.0
Die Digitalisierung ist ein laufender Prozess, sagt Roland Sommer, Geschäftsführer des Vereins Industrie 4.0.
Foto: Verein Industrie 4.0

Verkehr sprach mit Roland Sommer, Geschäftsführer des Vereins Industrie 4.0, über die Herausforderungen der Digitalisierung und den Schwerpunkt seiner Tätigkeit: Artificial Intelligence.

von: Bernd Winter

Die Digitalisierung ist in aller Munde. Es gibt eine Reihe von Experten auf diesem Gebiet. ­Zusätzlich können Wissens- und Erfahrungsplattformen helfen, die gewonnenen Erfahrungen zu teilen und gemeinsam daraus zu lernen – eine davon ist der Verein Industrie 4.0.

Verkehr: Der Verein „Industrie 4.0 Österreich“ wurde 2015 ­gegründet. Welche Ziele ver­folgen Sie mit Ihrem Verein?
Roland Sommer:
Wir haben im Verein vier Überziele: 1) Beratung der Politik: In unseren Expertengruppen werden Inhalte und Strategien gemeinsam erarbeitet, mit dem Ziel, die Rahmenbedingungen für Industrie 4.0 in Österreich zu verbessern. 2) Koordination zwischen verschiedenen ­Akteuren: Das kann die Koordi­nation zwischen Bund und ­Bundesländern, ­zwischen verschiedenen Akteuren auf Bundesebene, zwischen wissenschaftlichen Einrichtungen und Betrieben, zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern oder ­zwischen verschiedenen vergleichbaren Platt­formen auf ­europäischer Ebene sein. 3) Nutzen für Mitglieder: Dazu gehören der Erfahrungsaustausch der Mitglieder untereinander, die Stärkung des Netzwerks, das Anbieten von spezi­fischen Services etc. 4) Vorausdenken: vor allem dann, wenn es darum geht, neue Entwicklungen bekannt zu machen und zu diskutieren, welche Relevanz diese für Österreich haben.

Auf Ihrer Mitgliederliste befinden sich auch Logistikunternehmen wie Rexel Austria oder die Österreichische Post, obwohl ihr Verein „Industrie 4.0“ heißt. Aus welchem Grund haben sich diese Unternehmen Ihnen angeschlossen?
Sommer:
Es gibt einen immer stärkeren Trend, die Digitali­sierung nicht nur auf der Ebene eines Unternehmens zu betrachten, sondern die gesamte Wertschöpfungskette in die Betrachtung einzubeziehen. Das Bindeglied zwischen den Firmen sind Logistikunternehmen, die hochspezialisiert agieren.

Wie nehmen Sie in Ihrem ­Verein die Logistik wahr?
Sommer:
Die Bedeutung der ­Logistik wird, meiner Einschätzung nach, auf jeden Fall weiter zunehmen, weitere Services ­werden nachgefragt und damit auch angeboten werden; die ­Digitalisierung wird dabei ein ­wesentlicher Treiber sein, den CO2-Fußabdruck (deutlich) zu ­reduzieren. Wenn zunehmend „as a service“ als Geschäfts­modell nachgefragt wird, zeigt sich das Potenzial, das die Logistik hat.

Was waren die wesentlichsten Meilensteine von Ihrem Verein bis heute?
Sommer:
Begonnen hat alles mit dem Ziel, die Produktion effizienter zu gestalten und zunehmend individualisiertere Produkte zu Kosten der Massenfertigung auf den Markt zu ­bringen. Dieser ­ursprüngliche ­Ansatz hat sich über die Jahre weiterentwickelt, sodass wir heute stark auf ­weitere Themen wie neue Geschäftsmodelle, ­Security, die Analyse von Daten, aber auch und ganz besonders die digitale Trans­formation von Unternehmen im Fokus haben, die strategische, organisato­rische und menschzentrierte ­Aspekte umfasst.

In welchem Ausmaß sind die Themen wie „4.0“ bzw. „Digita­lisierung“ bei den heimischen Betrieben angekommen?
Sommer:
Das Thema „Industrie 4.0“ ist mittlerweile bekannt und akzeptiert, Unternehmen haben verschiedenste Technologien im Einsatz, viele haben sich strategisch intensiv mit den Poten­zialen der Digitalisierung aus­einandergesetzt und bieten viele interessante Lösungen an. Symptomatisch ist, dass die Unter­nehmen, die frühzeitig mit Digitalisierungsschritten begonnen haben, oftmals von sich behaupten, sie wären am Beginn einer Reise. Das ist ein klares Signal, dass Digitalisierung ein laufender Prozess ist.

Wie viele Mitglieder hat der ­Verein aktuell?
Sommer:
Wir haben über 50 Mitglieder. Diese setzen sich aus ­Verwaltung, Interessenverbänden (Arbeitgeber und Arbeitnehmer), Unternehmen und Start-ups sowie wissenschaft­lichen Einrichtungen zusammen und decken ein Spektrum an Kom­petenzen und Interessen ab.

Welchen konkreten Nutzen ­haben Ihre Mitglieder von ­Ihrem Verein?
Sommer:
Der Charme von ­Industrie 4.0 liegt, meiner Meinung nach, auch darin, dass man über Sektoren-, Institu­tionen- und Abteilungsgrenzen hinweg voneinander lernen kann. Er­fahrungen, die ein ­Unternehmen aus einer bestimmten Branche gemacht hat, können für ein ­Unternehmen ­einer anderen Branche sehr ­interessant sein. Ein wissenschaftliches Projekt kann ein ­Ergebnis erzielt haben, das genau ein Unternehmen sucht. Dieser offene Austausch und das gemeinsame Erarbeiten von ­Inhalten machen den Charakter der Plattform aus.

Es gibt eine Reihe von Institutionen und Agenturen (von der Wirtschaftskammer bis zur ­Digitalisierungsagentur), die sich mit der Digitalisierung bzw. „4.0“ beschäftigen. Worin unterscheidet sich Ihr Verein bzw. ­haben Sie ein Alleinstellungsmerkmal?
Sommer:
Das Alleinstellungsmerkmal der Plattform Industrie 4.0 liegt darin, dass alle relevanten Akteure zusammenarbeiten. Auch weitere Ministerien, Bundesländer, Plattformen, Institutionen wie das Arbeitsmarktservice, das Patentamt, Austrian Standards und ÖVE etc. sind in unsere Arbeiten eingebunden. Dieses breite Dialogforum ist weltweit einzigartig. Gleichzeitig möchte ich betonen, dass die Digitalisierung eine starke Veränderung in den kommenden Jahren bringen wird, sodass es gut ist, dass mehrere ­Akteure – und wir stimmen uns ab – unterschiedliche Aspekte und Zielgruppen adressieren.

Viele Unternehmen beschäftigen sich mit der Digitalisierung. Wo liegen aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen  und wie sollten Unternehmen diesen begegnen?
Sommer:
Natürlich sind die ­Herausforderungen für jedes Unternehmen individuell und sektorspezifisch. Gleichzeitig gibt es ein paar Herausforde­rungen, denen sich alle Unternehmen stellen müssen, u. a. neue, datengetriebene Geschäftsmodelle und das ganze Thema Security – zunehmend auch in der Produktion. Auch fallen Aus-, Fort- und Weiterbildungen darunter (weil die Entwicklung neuer Technologien rasend schnell erfolgt, um hochqualifizierte Mitarbeiter zu bekommen, anzustellen und zu halten) sowie die Inte­gration neuer Technologien und die Veränderung der Arbeitsorganisation.

Welche Schwerpunkte wollen Sie heuer bzw. im kommenden Jahr setzen?
Sommer:
Einer der großen Schwerpunkte für das heurige und kommende Jahr wird das Thema „Artificial Intelligence“ sein, das wir von unterschiedlichsten Seiten beleuchten werden, und zwar technologisch, rechtlich, organisatorisch etc.

Wie wird Ihr Verein 2025 aus­sehen?
Sommer:
Anders. Wenn ich auf die vergangenen vier Jahre zurückblicke, hat die Plattform verschiedene Evolutionsstufen durchlaufen und sich mit einer Vielzahl an unterschiedlichen Themen auseinandergesetzt. Eine Prognose für die Zukunft ist dabei nicht möglich; wovon ich aber ausgehe, ist, dass in sechs Jahren die Digitalisierung immer noch eine große Rolle spielen wird und wir als Plattform nach wie vor einen Mehrwert für ­unsere Mitglieder bieten werden.

Vielen Dank für das Gespräch!

 

Dieses Interview erschen ursprünglich in der Ausgabe VK 42/2019.


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