LoadFox wurde 2016 gemeinsam von MAN Truck & Bus sowie der Investmentfirma Boston Consulting Group aus der Taufe gehoben. Mit ihrem Erstprodukt, dem „LoadFox Market“, hat das junge Unternehmen eine Online-Plattform aufgebaut, um verfügbare Lkw-Kapazitäten effizient nutzen zu können. Disponenten können dabei Ladungen ein- bzw. weitergeben. Der Algorithmus schlägt dann profitable Ladungskombinationen innerhalb der Plattform vor. Mit ihrem neuen Produkt, dem „LoadFox Planner“, soll die Dispoplanung noch effizienter werden. Verkehr wollte mehr darüber wissen.
Verkehr: 2018 wurde LoadFox vom Fachbeirat und den Lesern der Wochenzeitung Verkehr zum Logistik-Start-up des Jahres gewählt. Wie haben Sie diese Auszeichnung wahrgenommen und wie hat der Markt darauf reagiert?
Sebastian Sorger: Auf uns hat sich die Auszeichnung „Logistik-Start-up 2018“ sehr positiv ausgewirkt und beflügelt uns heute noch. Es hat geholfen, dass wir am Markt noch einen Tick ernster genommen werden. Wir haben auch gesehen, dass wir auf sehr hochwertige Veranstaltungen eingeladen werden, zu denen andere Start-ups oft keinen Zugang haben. „Logistik-Start-up des Jahres – die werden schon etwas richtig machen“, haben sich viele wohl gedacht. Das war definitiv Rückenwind für uns – und daher kommen wir heuer gerne wieder zur Logistik-Wahl 2019, diesmal allerdings nur als Besucher.
Was hat sich auf Produktseite bei Ihnen zuletzt getan?
Sorger: Neben unserem Marktplatz („LoadFox Market“), für den wir bekannt sind und den wir weiter ausbauen, haben wir im Moment noch ein zweites Produkt am Start. Dieses heißt „LoadFox Planner“ (kurz „Planner“) und wird gerade mit Pilotkunden aufgebaut.
Was ist das Besondere am LoadFox Planner?
Sorger: Er wird eine halbautomatisierte Dispoplanerstellung ermöglichen. Es ist eine Arbeitsvorbereitung mit Künstlicher Intelligenz (KI) für den Disponenten. Wie kann man sich das vorstellen? Der Disponent steht unter enormem Stress und Zeitdruck und muss stets die komplette Lkw-Flotte im Blick haben. Die Ladungen müssen auf die Lkw verteilt werden. Dabei muss man noch berücksichtigen, welche Fahrer zur Verfügung stehen etc. Mit Künstlicher Intelligenz, Algorithmen und Rechenpower, die uns heute zur Verfügung stehen, kann man dafür pragmatische Lösungen finden und so den Disponeten entlasten. Wir haben mit unserem Prototypen heute schon innerhalb weniger Sekunden bessere Ergebnisse erzielt als die Disponenten manuell. Der Disponent wird vom Planer zu einem Experten, der den Plan (nur noch) überwacht. Dadurch erspart sich die Firma immense Kosten. Wir haben jetzt schon 5 bis 15 Prozent Kostenersparnis realisiert, was in der Branche enorm ist. Wenn ich dann noch geschickt plane, muss ich vielleicht statt 20 nur noch zehn Lkw einsetzen.
Es gibt mittlerweile eine ganze Reihe an Logistik-Plattformen. Wie sehen Sie den Mitbewerb?
Sorger: Es gibt einige ganz große Softwareanbieter, die natürlich tolle Lösungen anbieten, aber in der Regel durch ihre Individualprojekte viel kosten und durch die Wartungen sowie Updates zusätzlich kostenintensiv sind. Das ist das eine Extrem. Auf der anderen Seite haben wir viele kleine Softwareanbieter am Markt, die in Teilbereichen recht gut sind, und wir glauben, dass wir hier dabei sind. Die neue solide Dispoplan-Lösung ist die logische Weiterentwicklung unseres Marktplatzsystems.
Ab wann soll der Planner serienreif sein?
Sorger: Mit Beginn 2020 soll er mit unseren Beta-Kunden beginnen. Ab Sommer/Herbst des nächsten Jahres soll er dann wasserdicht sein.
Wen wollen Sie primär mit der neuen Lösung ansprechen?
Sorger: Wir haben einmal das Segment: größere Speditionen bzw. Transportunternehmen mit 50+ Trucks. Zusätzlich möchten wir aber auch Lösungen für Frächter mit 10+ Trucks anbieten. Was mir ganz wichtig ist: LoadFox ist eine Speditionssoftware. Wir sind für Speditionen und Transportunternehmen da.
Am Markt gibt es bereits verschiedenste Dispositions- oder Planungssoftwarelösungen. Was gibt es bei Ihnen Neues?
Sorger: Verschiedene Elemente. Wichtig ist zunächst, dass unser Tool in Echtzeit arbeitet. Bei uns wird das fortlaufend aktualisiert, bis der Disponent den Lkw auf die Straße entlässt. Die KI ist ein weiterer wichtiger Punkt. Viele Pilotkunden haben sich für uns entschieden, nachdem sie mehrere Anbieter kontaktiert hatten. Die Konkurrenz hat used cases von uns teilweise nicht lösen können, diese Fälle konnten wir aber bereits mit dem Prototypen lösen. Wir haben Respekt vor den Mitbewerbern, aber auch den Eindruck, dass wir recht pfiffig sind, was die Optimierung angeht. Was bei uns hinzukommt: Wir werden den Planner mit unserem Marktplatz verbinden. Das haben die anderen nicht. Das heißt, ich kann, wenn ich einen Dispositionsplan erstelle, Ladungen, die nicht vertourt werden können, entweder bei uns automatisch in den Marktplatz schieben oder ich kann mir aus dem Marktplatz von anderen Planner-Usern sinnvolle Ladungen ziehen. Auch das ist ein Element, das der Lebenswirklichkeit des Disponenten viel näherkommt als ein Tool, das nur mit Tunnelblick optimieren kann.
Der Facharbeitermangel beeinflusst die Logistik seit einiger Zeit einorm. Wie finden Sie qualifiziertes Personal?
Sorger: Wir haben Glück, dass wir etwas machen, das für z. B. Menschen aus dem Engineering- oder Developing-Bereich etwas ganz Spannendes ist: Lösungen für die Optimierung zu finden. Wir haben einige Mitarbeiter, die durchaus auch bei Google und Co. arbeiten könnten. Aber auch die Kollegen, die nicht aus dem Produkt-, sondern dem Customer-Bereich kommen, sehen es als Herausforderung, bei uns zu arbeiten. Nicht jeder kann durchhalten und diese Komplexität managen. Natürlich suchen wir noch weitere Entwickler, da ist jeder eingeladen, sich zu bewerben, gerne auch initiativ. Aber bisher hatten wir Glück, dass wir die richtigen Mitarbeiter gefunden haben. Ich bin unglaublich stolz auf alle. Wir arbeiten sehr hart. Wir haben nie aufgegeben, auch als wir durch die schwierige Zeit des Aufbaus gegangen sind. Und jetzt geht es weiter. Den Planner fertig zu bekommen, ist unser nächstes Ziel.
Wie wird LoadFox 2025 aussehen? Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?
Sorger: Eine gute Frage. Unser Ziel ist es, dass wir das Tool für Disponenten werden. Wir haben noch weitere Ideen und merken gerade, wie viel sich tut. In einem Jahr werden wir vielleicht schon ein drittes Projekt haben. Wir werden weiterhin alles dafür tun, dass Speditionen und Transportunternehmen mehr Gewinn machen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Dieses Interview erschien ursprünglich in der Ausgabe VK 37/2019.