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„ALI ermöglicht den Vergleich der Disziplin Logistik“

Grafik: FH Oberösterreich / Logistikum / BMK
Damit in Zukunft Maßnahmen evidenzbasiert getroffen und evaluiert werden können, hat sich das BMK entschlossen, einen Indikator für die Logistik Österreichs zu entwickeln.
Grafik: FH Oberösterreich / Logistikum / BMK

Um den Austrian Logistics Indicator angemessen updaten zu können, braucht es ganz viel Expertise von Logistikern, sagt Forscher Matthias Winter vom Logistikum in Steyr, der das Projekt im Auftrag des BMK begleitet.

Was ist der Austrian Logistics Indicator (ALI) und wie wird er ermittelt?
Matthias Winter: ALI beschreibt mittels eindeutiger Indikatoren die logistische Leistungsfähigkeit der öster­reichischen Regionen auf NUTS-3-Ebene. Internationale Indizes sind auf den internationalen Ländervergleich ausgerichtet und können nicht auf einzelne nationale Unterschiede eingehen. Dieser Umstand bildet die Grundlage für den Bedarf eines Indikators, der alle regionalen bzw. nationalen Bedürfnisse Österreichs abdeckt. ALI ermöglicht den Vergleich der Disziplin Logistik innerhalb Österreichs. Der Indikator beinhaltet eine umfangreiche Sammlung an relevanten Daten rund um die Logistik, ­ergänzt durch Daten aus der ALI-Umfrage, und stellt damit eine objektive Datengrundlage für alle Beteiligten zur Verfügung. Die „Best Performer“ in einzelnen Kennzahlen und Kategorien werden sichtbar, wodurch der gegenseitige Austausch von ­Erfolgskonzepten zwischen den Regionen angeregt wird. Nicht zuletzt kann die Wirkung von gesetzten Maßnahmen und eingesetzten Mitteln gemessen werden, was eine zielgerichtete Weiterentwicklung begünstigt.
ALI setzt sich aus 117 Kennzahlen zusammen. Diese werden thematisch in 13 Sub-­Kategorien zusammengefasst, welche wiederum den drei Hauptkategorien des Indikators zugeordnet werden. Die Daten für jede der 117 Kennzahlen werden aus unterschiedlichen Primär- und Sekundärquellen erhoben. Für ca. ein Drittel davon wird eine Umfrage durchgeführt, welche die Qualität, Verfügbarkeit und den Bedarf von Leistungen der österreichischen Logistik erhebt. Der ALI-Score für jede Kennzahl wird auf einer Skala von 0 bis 100 festgelegt. Dabei erhält der beste Wert je Kennzahl den maximalen Score von 100. Somit setzt der „Best Performer“ den Maßstab für die österreichische Logistiklandschaft, denn pro Kennzahl erhält die beste Region 100 Punkte. Die Scores für jede Haupt- und Subkategorie berechnen sich anschließend aus dem Durchschnitt der Scores aller zugehörigen Kennzahlen. Der Gesamt-Score für jede Region entspricht dem ­(ungewichteten) Durchschnitt aller 117 Kennzahlen.
Die Umfrage des ALI richtet sich an alle Stakeholder der ­Logistik, das sind verladende Unternehmen der Industrie, des Handels, aber auch Logistikdienstleister, Spediteure und Infrastrukturbetreiber. Darüber hinaus ist auch die Meinung der Interessenvertretungen, Verwaltungen und Experten aus der Forschung von Interesse.

Wie unterscheidet sich ALI vom LPI der Weltbank?
Winter:
Der wichtigste Unterschied ist, dass der LPI möglichst alle Staaten weltweit vergleicht und den Fokus auf Entwicklungsländer legt, während der ALI einen Vergleich innerhalb Österreichs bietet. Der ALI ist somit eine Ergänzung zum LPI und keine Alternative. Nach einer längeren Pause von 2018 bis 2023 werden im LPI, erweiternd zur Umfrage, auch Sekundärdaten erhoben. Das LPI-Ranking beruht dennoch ausschließlich auf Daten aus der Umfrage. Dies begründet sich in der Schwierigkeit, über 100 Staaten weltweit anhand gleicher Fragen bzw. Kennzahlen zu vergleichen. Beispielsweise ist die „Turnaround Time“ von Containerschiffen für Binnenländer wie Österreich nicht relevant. Das Pro­blem der Vergleichbarkeit besteht auch im ALI, da zum Beispiel nicht alle Bundesländer über eine Binnenschiff­straße verfügen. Die Daten über die Binnenschifffahrt sind trotzdem relevant, und so haben wir uns 2017 entschieden, einen ­Indikator zu entwerfen, der auf möglichst vielen objektiven Informationen basiert.

Warum ist ALI notwendig?
Winter:
Es ist schwer für Entscheidungsträger, Interessenvertretungen und andere Stakeholder, sich ein objektives Bild der Logistiklandschaft Österreichs zu machen, wenn die Daten dazu nicht vorhanden bzw. nur in ­einer Vielzahl unterschiedlicher Quellen zu finden sind. Außerdem können Maßnahmen der Politik nur anhand einer solchen Datengrundlage objektiv evaluiert werden. Die Ergebnisse des LPI sind schlicht und einfach zu „grob“, um die Logistik Österreichs damit einschätzen zu können. Damit in Zukunft Maßnahmen evidenzbasiert getroffen und evaluiert werden können, hat sich das BMK entschlossen, einen Indikator für die Logistik Österreichs zu entwickeln.

Warum ist es wichtig, dass viele Experten mitmachen?
Winter:
Unterschiedliche Akteure haben unterschiedliche Ansichten. Eine Region soll nicht nach der Meinung eines einzelnen Mitarbeiters oder Managers bewertet werden, der in einem Unternehmen arbeitet, das nur eine Art von Gütern transportieren lässt. ALI vereint die Sichtweise verschiedener Branchen, Güter und Regionen, und dazu brauchen wir die Meinung möglichst aller Stakeholder.
Nachdem wir die Umfrage für 2023 überarbeitet und gekürzt haben, brauchen Teilnehmer im Median zwölf Minuten, um die Umfrage auszufüllen. Als Statistiker muss ich den Median nehmen, da der Mittelwert, der übrigens bei 15 Minuten liegt, durch Ausreißer verzerrt ist, die teilweise deutlich über eine halbe Stunde gebraucht haben und vermutlich zwischendurch abgelenkt wurden.

Welchen Mehrwert haben ­Logistikexperten davon, wenn sie das Formular ausfüllen?
Winter:
Logistikexperten profitieren von der resultierenden Datengrundlage, die über unser interaktives Datencockpit vielseitig auswertbar ist. Wir möchten nicht nur die aggregierten Ränge der Regionen anbieten, sondern darauf hinweisen, dass in den Daten wesentlich mehr Informationen stecken. Daher erstellen wir auch kompakte Regionalberichte, die einen ersten Eindruck der einzelnen Regionen geben. Mit dem Ausfüllen der Umfrage werden den Entscheidungsträgern auch Tatsachen kommuniziert, die berücksichtigt werden müssen! Für Mitarbeiter, denen der Wert für die Branche nicht ausreicht, um mitzumachen, haben wir noch ein Gewinnspiel eingebaut.

Wie objektiv ist die Bewertung?
Winter:
Es ist uns bewusst, dass eine solche Bewertung nie zu 100% objektiv sein kann. Wir bitten daher alle Vertreter von Medien, Politik und der gesamten Logistikbranche, konstruktiv mit diesem Werkzeug umzugehen! Nutzen Sie es, um Regionen und Bundesländer weiterzuentwickeln und von anderen Regionen zu lernen. Ein Vergleich zwischen Wien und dem Mittelburgenland mit dem Appell, aus dem Burgenland eine Großstadt zu machen, wäre ja wenig hilfreich. 


Machen auch Sie mit und füllen Sie den Fragebogen hier aus. Es dauert nur 12 Minuten.


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