Wilhelmshaven: Bis 2030 sollen im einzigen Tiefwasserhafen in der Deutschen Bucht jährlich rund 48 Mio. Tonnen umgeschlagen werden. (Bild: JadeWeserPort)
Wenn es nach Ergebnissen des vom deutschen Verkehrsministerium veröffentlichten „Seeverkehrsprognose 2030“ geht, dann sollten Deutschlands 19 Überseehäfen in den nächsten Jahren nicht zu klagen haben, was die Umschlagsentwicklung betrifft. Bis zum Jahr 2030 werde sich der Umschlag gesamt um 74 Prozent steigen und das Volumen in absoluten Zahlen von derzeit 269 Mio. auf 468 Mio. Tonnen erhöhen.
Den Nordseehäfen werden von der Aufwärtsentwicklung mehr profitieren als die Ostseehäfen, ist eine weitere zentrale Aussage der Studie. Diese Zahlen beziehen sich auf das Handling über alle Ladungsformen. Sieht man sich die Aussagen zum Containerhandling an, dann wird in diesem Bereich das Wachstum mit jährlich durchschnittlich knapp mehr als vier Prozent moderater ausfallen. Kommentiert wird das mit dem Hinweis, dass sich die „Wachstumsraten beim Containerumschlag der deutschen Seehäfen 2010 bis 2030 spürbar verringern werden.“
Zur Panik besteht dennoch kein Anlass: In der Prognose wird mit einem jährlichen durchschnittlichen Wachstum von mehr als vier Prozent kalkuliert. Das würde bedeuten, dass sich bis 2030 gegenüber heute das Boxenaufkommen verdoppelt wird.
In den Nordseehäfen werden bis 2030 389 Mio. Tonnenumgeschlagen, was rund 80 Prozent des Gütervolumens in allen deutschen Seehäfen ausmachen wird. Die Ostseehäfen werden vom Aufschwung mit einem Plus von 49 Prozent auf 78 Mio. Tonnen profitieren, heißt es weiter.
Ein Blick auf Wilhelmshaven vermittelt ein positives Bild: Bis 2030 soll im einzigen Tiefwasserhafen in der Deutschen Bucht 48 Mio. Tonnen geladen und gelöscht werden. Dieses Tor zur Welt wird künftig einen relativ großen Anteil des Wachstums an Containerverkehren aufnehmen, liest man in der Studie.
In den Bremischen Häfen werden bis 2030 88 Mio. Tonnen über die Kaikanten kommen und der jährliche Zuwachs wird bei rund drei Prozent liegen. Hamburg wird es ähnlich ergehen und die Hafenwirtschaft dort kann mit einem jährlichen Aufschwung von rund drei Prozent rechnen, was per saldo unterm Strich bis 2030 194 Mio. Tonnen bringen würde. Damit würde Hamburg den Platz eins unter allen 19 Häfen einnehmen. Mit deutlichen Abstand dahinter rangieren Bremerhaven und Wilhelmshaven.
Südhäfen legen stärker zu
In der Studie wird auch die Entwicklung in Europas Südhäfen Venedig, Livorno, Triest, Koper, Gioia Tauro, Genua und Rijeka unter die Prognose-Lupe genommen und das Fazit lautet: „Das deutschlandrelevante Umschlagsvolumen der Mittelmeerhäfen wird bis 2030 stärker zunehmen als die entsprechenden Verkehre der Nord- und Ostseehäfen.“ Die Mittelmeerhäfen dürften bis 2030 ihr Volumen verdoppeln von derzeit 12 auf 24 Mio. Tonnen, heißt es in der Prognose. Verlagerungseffekte wird es in Richtung Mittelmeer und durch Direktanläufe in Ostseehäfen geben, allerdings auf geringem Niveau, so das Resümee der Prognose.
Hinauf auf die Schiene und Umwelt schonen
Das Hamburger Beratungsunternehmen Gomultimodal präsentierte auf der Intermodal Europe Untersuchungsergebnisse zur Entwicklung des Seehafenhinterlandaufkommens von den Seehäfen der ZARA-Range (Zeebrügge, Antwepen, Amsterdam und Rotterdam) sowie den Nordseehäfen Bremerhaven und Hamburg.
Gerhard Oswald, Geschäftsführer von Gomultimodal, analysierte anhand umfassender Verkehrsstrukturdaten der Jahre 2010 und 2011 und der Prognosen bis 2030 Verkehrsaufkommen und Verkehrsströme im norddeutschen Raum sowie angrenzenden Bundesländern und niederländischen Provinzen. Auftraggeber der Untersuchung war die JadeWeserPort Logistics Zone in Wilhelmshaven. Ziel der Untersuchung war es, Verlagerungspotentiale im Containerverkehr zu identifizieren, der heute und zukünftig bei einem Transport per Lkw die Straßeninfrastruktur Niedersachsens belastet.
Eine Konzeptskizze machte deutlich, wie durch Nutzung des umweltfreundlichen Kombinierten Verkehrs Schiene/Straße das Straßenaufkommen reduziert werden kann. Vor dem Hintergrund der prognostizierten Mengenentwicklung beim Schienengüterverkehr sollte der Relation Wilhelmshaven-Osnabrück besonderes Augenmerk geschenkt werden, so einer der Kernaussagen der Untersuchung.
Andreas Bullwinkel, Geschäftsführer der JadeWeserPort Logistics Zone, sieht die Ergebnisse als eine wesentliche Grundlage für die Konzeptentwicklung von Schienenverbindungen im Kombinierten Verkehr sowohl für den Seehafenhinterlandverkehr als auch für den Transport in Intermodalen Landverkehren.
Gomultimodal hat sich auf Consulting für nationale und internationale Transporte im Kombinierten Verkehr und Seehafenhinterlandverkehr in Europa spezialisiert. Das Unternehmen wendet sich an Anbieter und Nutzer sowie an politische Institutionen, Verbände und öffentliche Einrichtungen. Zum Dienstleistungsportfolio gehören Consulting, Personaldienstleistungen sowie die Übernahme von Repräsentanz.
Mehr zum Thema Hinterland-Verkehr lesen Sie im gleichnamigen Special, das der Printausgabe der Wochenzeitung Verkehr Nr. 48 vom 29. November 2013 beiliegt.