"Wir sind nicht auf kurzfristige Erträge aus“, sagt Franz Kastner. (Foto: Garbe Industrial Real Estate)
Wenn ein Unternehmen seinen 60. Geburtstag feiert, blickt es nicht nur auf die Vergangenheit zurück sondern richtet den Blick vor allem nach vorn. So auch Garbe Industrial Real Estate: Der Hamburger Projektentwickler und Asset Manager hat sich im Laufe der Jahrzehnte zu einem der bedeutendsten europäischen Player für Logistikimmobilien entwickelt und ist in Österreich längst eine feste Größe. Die Tochtergesellschaft Garbe Austria hat im Jubiläumsjahr neue Büroräume in der Wiener Innenstadt – in der Walfischgasse, um genau zu sein – bezogen. „Dieser Schritt bringt uns näher zu Kunden und Investoren“, sagt Franz Kastner, Geschäftsführer von Garbe Austria. Mit seinem Team hat er Großes vor: „Wir wollen in Österreich Akzente setzen und den Standort mit innovativen Projekten weiterentwickeln“, so Kastner.
Das heißt jedoch nicht, dass sich Garbe in Österreich nicht schon längst als wichtiger Player etabliert hätte. Sieben Immobilien mit insgesamt 190.000 Quadratmetern verwaltet Garbe Austria bereits – 120.000 m2 davon hat das Unternehmen selbst entwickelt, den Rest strategisch zugekauft. Das ergibt ein Volumen von etwa 250 Millionen Euro Assets under Management. Dabei wird ein 360-Grad-Ansatz verfolgt, soll heißen: Garbe baut nicht nur, sondern integriert auch Real-Estate-, Portfolio- aber auch Investment-Management. „Wir sind nicht auf kurzfristige Erträge aus, sondern stellen Investoren eine Plattform zur Verfügung, die langfristige Wertschöpfung ermöglicht”, erklärt Kastner. Dabei merkt er an, dass sie vor allem österreichische Investoren ansprechen wollen, um heimisches Kapital für heimische Projekte zu binden. Dahinter stehe weniger Patriotismus als vielmehr der Gedanke der Resilienz.
Zwischen Stillstand und Erwartung
Apropos Projekte: Kastner sieht den Markt in Österreich längst nicht als gesättigt. Er spricht von einer Unterversorgung. Rund die Hälfte der Bestandsflächen entspricht nicht mehr den modernen Anforderungen, hinzu kommt ein deutlicher Mangel an geeigneten Arealen, insbesondere im Ballungsraum Wien.
Kastner ist aber Realist: Die Gegenwart des österreichischen Logistikimmobilienmarktes sei von Zurückhaltung geprägt, sagt er. Eine hohe Fertigstellungsrate treffe auf schwächere Nachfrage, weshalb in den kommenden Monaten kaum mit neuen Bauvorhaben zu rechnen ist. Doch Garbe denkt über den Zyklus hinaus. Laut OECD wird die heimische Wirtschaft ab 2026 wieder wachsen, was auch die Nachfrage nach modernen Flächen beleben dürfte. „Wir wollen antizyklisch handeln“, betont Kastner. „Projekte, die wir jetzt anstoßen, sollen genau dann verfügbar sein, wenn der Markt wieder anzieht.“
Dass der Markt anziehen wird, steht für Kastner außer Frage. Ebenso, dass es in Wien weitere Flächen brauchen wird. E-Commerce und insbesondere der Lebensmittel-Onlinehandel erfordern neue, flexible Gebäudekonzepte. Parallel steigt der Bedarf an Rechenzentren, die enorme Ansprüche an Energieversorgung und Standortwahl stellen. Hinzu kommt der Druck, ESG-konforme Immobilien bereitzustellen. All das seien Gründe für Optimismus, so Kastner, der an dieser Stelle die auf drei große Geschäftsfelder – Sheds, Beds & Infrastructure – gestützte Strategie von Garbe erklärt.
Der Bereich Beds (Wohnungen, Studenten- oder Altersheime, Hotels etc.) stehe in Österreich nicht im Fokus, und der Bereich Infrastructure (Erzeugung und Speicherung erneuerbarer Energien) werde ohnehin in jeder neuen Halle durch den Aufbau von PV-Anlagen mitgedacht. Sheds sei der Bereich, auf den sich Kastner konzentrieren möchte. Hier sind unterschiedliche Asset-Gruppen zusammengefasst, von der klassischen Logistikimmobilie über industrielle Anlagen bis hin zu Tech Hubs und Rechenzentren – letztere genießen nicht zuletzt aufgrund des KI-Booms steigende Popularität. Kastner erzählt, dass er ein 40.000 m2 großes Grundstück für ein Rechenzentrum im Auge hat. Mehr könne er aktuell nicht verraten.
Auch Kombinationen der unterschiedlichen Asset-Klassen werden geprüft – immerhin gehen Logistik und Daten derzeit Hand in Hand. Der Schwerpunkt der Österreich-Aktivitäten werde aber immer auf Logistikimmobilien liegen, sagt Kastner. „Da sind wir stark und sourcen die besten Grundstücke, die wir dann mit den richtigen Nutzern matchen“, so Kastner. Diese langjährige Expertise, man könnte fast schon von Fingerspitzengefühl sprechen, sei besonders für Build-to-suit- Projekte, die Garbe ebenfalls realisiere, entscheidend.
Revitalisierung statt Neuversiegelung
Eine der größten Zukunftschancen sieht Kastner in der Entwicklung von Brown- und Greyfields. Die in Deutschland neu gegründete Business Unit Garbe Regeneration bündelt Know-how in der Sanierung kontaminierter Standorte und der Anpassung älterer Immobilien an moderne Anforderun-gen. Ein Vorzeigeprojekt entstand bereits in Kottingbrunn, wo auf einer ehemaligen Deponie eine neue Logistikimmobilie errichtet wurde. „Wir haben damit gezeigt, dass nachhaltige Entwicklung auch bedeutet, bestehenden Boden klug zu nutzen, statt neue Flächen zu versiegeln“, so Kastner.
Damit Brownfields im größeren Stil erschlossen werden können, braucht es Unterstützung seitens der Politik. Beschleunigte Genehmigungsver-fahren, gezielte Förderungen und mehr Transparenz bei verfügbaren Flächen sind aus Kastners Sicht entscheidend. „Ein digitaler Brownfield-Kataster würde die Planbarkeit erheblich verbessern. Am Ende geht es aber auch um das Zusammenspiel zwischen Gemeinden, Investoren und Anrainern.“
Nachhaltigkeit sei für Garbe keine Option mehr, sondern ein Muss, erklärt Kastner. „Wir sprechen immer von Sustainonomics, also der Verbindung von ökologischer Verantwortung und wirtschaftlicher Tragfähigkeit.“
Der Blick nach vorn
Mit 60 Jahren Erfahrung, einer klaren Marktstrategie und dem neuen Standort im Herzen Wiens will Garbe in Österreich auch künftig Impulse setzen. Für Kastner steht fest: Der Markt wird seine Dynamik zurückgewinnen. „Unsere Aufgabe ist es, die richtigen Projekte zum richtigen Zeitpunkt verfügbar zu machen. Und wir wollen, dass sie sowohl den Bedürfnissen der Nutzer als auch den Anforderungen an Nachhaltigkeit gerecht werden.“