Im Bereich Zukunftstechnologien geht es einerseits um die Funktionalität und andererseits um eine effiziente Software-Standardisierung, so zu Knyphausen.
Fotos: Zalando
Die Software-Standardisierung in der Intralogistik ist beim Modehändler Zalando eine große Herausforderung. Online-Kunden erwarten eine perfekte Logistik. Wie eine solche gelingt, erklärt Zalando-Logistikchef Carl-Friedrich zu Knyphausen gegenüber Verkehr.
Verkehr: Was sind die charakteristischen Merkmale der Logistik bei Zalando?
Carl-Friedrich zu Knyphausen: Unsere Vision ist, die erste Anlaufstelle für Mode zu sein. Um dies zu erreichen, müssen wir immer aus der Sicht der Kunden denken. Das gilt auch beim Einsatz von Logistik. Wir haben ein Logistiknetzwerk aufgebaut, das über 27 Millionen Kunden in 17 Märkten bedient. Die Logistik ist eine absolute Kernkompetenz von Zalando. Wir investieren sehr viel in unser System und haben bereits früh angefangen, unser Netzwerk stark auszubauen. Durch unsere gute Logistikinfrastruktur wollen wir nah an unseren Kunden sein und alle unsere Märkte optimal versorgen. So können wir jedes Produkt jederzeit schnell liefern.
Bedienen Sie sich bei der Logistik externer Dienstleister?
zu Knyphausen: Zalando hat in den vergangenen Jahren innerhalb kürzester Zeit enorme Kompetenzen im Bereich Logistik aufgebaut, ohne die unser Wachstum nicht möglich gewesen wäre. In allen Geschäftsbereichen arbeiten wir aber auch mit Partnern zusammen, zum Beispiel wenn lokale Expertise erforderlich ist.
Wie viele Logistikzentren haben Sie in Europa?
zu Knyphausen: Für unser Kerngeschäft, den Zalando-Fashion-Store, verfügen wir über insgesamt elf Fulfillment-Center in sechs Märkten: Vier Logistikzentren in Deutschland (Erfurt, Mönchengladbach, Lahr und Brieselang) sowie Logistikzentren in Stettin in Polen, Mailand in Italien, Paris in Frankreich und Stockholm in Schweden. Derzeit bauen wir drei neue Logistikzentren in Łódź in Polen, Verona in Italien und Rotterdam in den Niederlanden. Für unsere Zalando-Outlets und den Einkaufsclub Zalando Lounge betreiben wir zwei Logistikzentren in der Nähe von Berlin (Großbeeren und Ludwigsfeld). Zusätzlich bauen wir ein neues Logistikzentrum für die Zalando Lounge in Olsztyn in Polen. Außerdem verfügen wir über ein Logistikzentrum für unsere Eigenmarken von Zalando in Braunschweig und ein Inbound Distribution Center zur Vorsortierung von Markenpartnerartikeln in Halle an der Saale.
Wie kommen Ihre Produkte auf der letzten Meile zum Empfänger?
zu Knyphausen: Pro Markt arbeiten wir mit zwei bis drei Zustelldienstleistern zusammen, wie beispielsweise DHL in Deutschland. Daneben investieren wir in die letzte Meile der Zustellung. Seit 2017 genießen Zalando-Kunden mit Zalando Plus besondere Vorteile wie eine schnelle Premium-Lieferung oder die Abholung von Retouren. Zalando hat diesen Service seitdem stetig ausgebaut und bietet Kunden jetzt in über 20 deutschen Städten werktags Same-Day-Lieferungen an. Hierfür arbeitet Zalando mit lokalen Logistikpartnern zusammen. Nach erfolgreicher Expansion der Zustellung am gleichen Abend in Deutschland testet Zalando diese nun auch in der Schweiz. Seit Ende Juni bringen im Raum Zürich CO2-neutrale Lastenräder Pakete zu den Kunden.
Was erwarten Sie von externen Dienstleistern? Welche Kriterien müssen sie erfüllen?
zu Knyphausen: Unsere Dienstleister sind ein wichtiger Pfeiler für unser Geschäftsmodell. Daher wählen wir sie sehr sorgfältig aus und streben langfristige Beziehungen an. Neben dem Preis sind Qualität, Flexibilität und Zuverlässigkeit wichtige Kriterien.
Wie viele Sendungen versenden Sie pro Jahr?
zu Knyphausen: 2018 haben wir über 116 Millionen Bestellungen versendet.
Wie erfolgt die Belieferung der österreichischen Kunden?
zu Knyphausen: Diese erfolgt durch die Österreichische Post.
Welche Beispiele gibt es bei Zalando für Innovationen im Logistikbereich?
zu Knyphausen: Die Logistik kann einen riesigen Unterschied machen. Viele Kunden achten beim Onlineversand stark darauf, welche Lieferoptionen sie haben. Logistik in dieser Größenordnung ist eine Stärke von Zalando, die man nicht so schnell kopieren kann. Das zeigt sich auch durch unsere Entwicklung von ZFS, einem neuen Serviceangebot für unsere Markenpartner. Mit ZFS, Zalando Fulfillment Solutions, bieten wir unseren Brand-Partnern an, ihre internationale Logistik über unsere Logistikstruktur abzuwickeln. Wir möchten keinesfalls in Zukunft ein Logistikdienstleister werden, vielmehr stärken wir durch diesen Service die Beziehung zu unseren Partnern und unsere Plattform.
Welche logistischen Herausforderungen sehen Sie in den nächsten Jahren?
zu Knyphausen: Ein entscheidendes Thema sind für uns die Software-Schnittstellen in der Intralogistik. Jede Technologie besitzt eine eigene Software, die in die bestehende IT-Infrastruktur integriert werden muss. Diese Integrationsarbeit braucht aktuell viel Zeit, die durch mehr Standardisierung verringert werden könnte. Ein einfaches Beispiel sind Transportroboter. Für drei verschiedene Warentypen brauche ich möglicherweise drei verschiedene Robotermodelle. Jedes Modell hat heute seine eigene Software, d. h., ich muss für jeden Roboter einen eigenen Navigationsservice bauen, damit sich der Roboter im Warenzentrum zurechtfinden kann. Das ist ineffizient. Man sollte nur einen Navigationsservice bauen müssen, den alle Roboter nutzen können. Im Bereich Zukunftstechnologien geht es also einerseits um die Funktionalität und den Nutzen und andererseits um eine effiziente Software-Standardisierung.
Vielen Dank für das Gespräch!
Dieses Interview erschien ursprünglich in der Ausgabe VK 43/2019.