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Mehr Strom für die Bahn

Die ÖBB bauen die eigene Stromproduktion aus, weil das billiger kommt, als extern zuzukaufen. Ab 2013 wird auch Energie aus der ersten eigenen Photovoltaik-Anlage an der Westbahn gewonnen.

Die ÖBB werden in den kommenden Jahren mehr Energie benötigen und haben dafür eine klare Strategie, wie sie den Bedarf am besten decken können: mit eigener Produktion in den bahneigenen Kraftwerken, aber auch durch den Bau neuer und die Optimierung bestehender Kraftwerke und die Erschließung der natürlichen Energiequellen Wind und Sonne. "Bis 2025 rechnen wir damit, dass unser Strombedarf um 20 bis 30 Prozent steigen wird", blickt Johann Pluy, Geschäftsbereichsleiter Energie bei der ÖBB-Infrastruktur AG in die Zukunft.

Kommen soll der Strom nicht mehr nur aus den ÖBB-eigenen Wasserkraftwerken, sondern auch von den Quellen Sonne und Wind. Die ÖBB benötigen jährlich 1,9 Mio. MWh (Megawattstunden) an Energie, um den Betrieb garantieren zu können. 

Von diesem Bedarf werden 31 Prozent in Eigenregie produziert, 46 Prozent werden extern zugekauft und 23 Prozent der Energie kommen von Energiepartnern. Solche Partner sind Partnerkraftwerke, die nicht im Besitz der ÖBB sind, wo aber für die Bahn 16,7-Hz-Strom produziert wird. 

Aus Wasser wird Strom 

Selbst produzieren die ÖBB in acht Wasserkraftwerken, die in ganz Österreich verteilt sind und zu den Assets der Bahn zählen. Die eigene Produktion von Strom gehört zum Kerngeschäft der Bahn und ist somit ein wichtiges strategisches Element zur Eigenversorgung. Von der immer wieder von politischen Akteuren vorgebrachten Aufforderung, die ÖBB solle ihre Kraftwerke verkaufen, um sich zu sanieren, hält Pluy nicht viel. 

Für rund 100 Mio. Euro kaufen die ÖBB jährlich von 25 externen Lieferanten Strom zu. Würde man nicht selbst produzieren, müsste man 60 bis 90 Mio. Euro pro Jahr mehr für den Zukauf ausgeben und wäre dem äußerst volatilen Strommarkt ausgeliefert, was betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll wäre, gibt der Energieexperte zu bedenken. 

Großer Wasserkraftwerksbetreiber

Selbst Strom zu produzieren, garantiert zumindest in diesem Bereich stabile Preise und eine hohe Versorgungssicherheit. Das ist in etwa so viel, wie Vorarlberg als Bundesland in Summe braucht, um zu leuchten und zu funktionieren. 

Pluy: "Wir sind der größte Wasserkraftwerksbetreiber in Österreich, der nicht in Besitz eines Landes ist." Bezüglich der Einkaufskosten nennt Pluy eine jährliche Ersparnis von fünf Prozent ab 2014 durch Energiesparmaßnahmen als ehrgeiziges Ziel. Die Einspeisung der Energie erfolgt über das rund 2.000 Kilometer lange ebenfalls ÖBB-eigene Stromnetz. Externe 50-Hz-Zulieferungen müssen in Umformerwerken auf 16,7 Hz "umgeformt" werden und finden den Weg zu den Bedarfsstellen ebenfalls über das eigene Netz. 1.000 Loks, 74 Zugvorheizanlagen, zehn Heizprüfanlagen, 977 Weichenheizanlagen sowie zahlreiche Zugfunkstationen und Notstromanlagen werden mit 16,7-Hz-Strom versorgt. 89 Prozent des Bedarfs gehen allein in der Traktion auf. 

Energie gehört zur Konzern-Kernkompetenz

Ihre Energiekompetenz stärken wollen die ÖBB mit dem Bau eines neuen Kraftwerks im Salzburger Pinzgau mit einem Investment von 200 Mio. Euro. Die Kraftwerke Spullersee und Obervellach werden optimiert und damit die Energieeffizienz der Standorte verbessert. Neu ist die Einbindung der Sonne in den Produktionsprozess. "An einem Topstandort an der Westbahn errichten wir eine Photovoltaik-Anlage, die 2013 in Betrieb geht", so Pluy, ohne den genauen Namen des Standorts nennen zu wollen. Damit will man Erfahrung sammeln, wie diese Energiequelle im Bahnbetrieb funktioniert. Auch die Nutzung der Windkraft für die Bahnstromgewinnung will Pluy nicht ausschließen. 33 Mio. Euro wurden im Jahr 2011 im Energiebereich investiert. Geld, das gut angelegt ist, zumal "der Zukauf doppelt so teuer kommt wie die eigene Produktion", ergänzt der Energiemanager. 

Verkauf an Mitbewerber

Das hauseigene Know-how stellen die ÖBB auch Dritten als zur Verfügung. Unternehmen wie Lokomotion, TX-Logistik, LTE oder LogServ lassen von den ÖBB das gesamte Energiemanagement für Bahnstrom abwickeln. Seit Jahren wird diese Leistung angeboten und man sieht darin einen klaren Wettbewerbsvorteil. 

Damit die Loks die Tausenden Züge täglich durch Österreich ziehen können, brauchen sie eine 16,7-Hz-Stromversorgung. Für die Energieversorgung der ÖBB-Betriebsanlagen braucht es den 50-Hz-Strom, mit dem auch jeder Haushalt gespeist wird.

Autor: Josef Müller


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