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Dreierpaket für Europas Flughäfen

Derzeit arbeitet Brüssel an neuen Verordnungen für EU-Flughäfen.

Die Liberalisierung der Bodenabfertigung war das erste Thema, das man sich vorgenommen hat. Zugleich ist es auch das am stärksten kritisierte. Die Europäische Kommission hat vorgeschlagen, dass auf Flughäfen mit mehr als zwei Millionen Passagieren bzw. 50.000 Tonnen Fracht pro Jahr die Bodenabfertigung von der Flughafengesellschaft rechtlich getrennt ist. Auf Flughäfen mit mehr als fünf Millionen Passagieren bzw. 100.000 Tonnen Fracht müssen künftig mindestens drei statt bislang mindestens zwei Unternehmen ihre Dienste im sogenannten beschränkten Bereich anbieten. Darunter fallen die Gepäckabfertigung, Betankung, Vorfelddienste sowie Post- und Frachtabfertigung.

Außerdem soll jede Fluglinie auf jedem EU-Flughafen künftig die Bodenverkehrsdienste selbst abwickeln dürfen. Mit der Änderung einer 1996 geschaffenen Richtlinie mit ersten Liberalisierungsschritten soll mehr Wettbewerb geschaffen und somit mehr Effizienz und Qualität bei niedrigeren Preisen geboten werden.

Bei der Abstimmung im EU-Verkehrsministerrat am 22. März gingen die Wogen hoch. Während zum Beispiel die Briten mindestens vier Unternehmen wollten, waren anderen Ländern drei schon zu viel. Für Verkehrsministerin Doris Bures war der Entwurf noch nicht ausgereift genug, um als allgemeine Ausrichtung verabschiedet zu werden. Sie kritisierte, dass mehr Anbieter nicht automatisch mehr Qualitätswettbewerb bedeuten, und forderte verbindliche Qualitätsstandards für die Zulassung der Diensteanbieter. Schließlich handle es sich um eine hoch spezialisierte Arbeit mit strengen Sicherheitsvorschriften. Außerdem müssten die Arbeitnehmer vor Sozial- und Lohndumping geschützt werden, so Bures.

Schlechtere Entlohnung?

Nachdem laut Flughafen Wien Löhne und Gehälter rund 70 Prozent der Gesamtkosten bei den Bodendiensten ausmachen, rechnen seine Vorstände Günther Ofner und Julian Jäger damit, dass die Mitarbeiter punkto Entlohnung, Arbeitsbedingungen und sozialen Standards weiter unter Druck kämen. Kompromisse bei Qualität und Sicherheit wären die Folge.

In einem offenen Brief kritisieren die beiden Vorstände außerdem, dass die geplante Übergangszeit von zwölf Monaten zu kurz sei und auch die bestehenden Ground Handler wirtschaftlich stark beeinträchtige. Nur wegen noch niedrigerer Abfertigungskosten würden weder Passagiere noch Airlines öfter fliegen, ein Verdrängungswettbewerb sei die Folge. Zudem seien die Preise in der Vergangenheit ohnehin gesunken, was durch die immer stärkere Verhandlungsmacht der ständig wachsenden Flugallianzen forciert werde, meinen die beiden Vorstände.

Beim Verkehrsministerrat haben die Einwände kein Gehör gefunden. Die Vorlage ist mit Stimmenthaltung von Österreich, Deutschland und Polen angenommen worden. Jetzt liegt es am Europäischen Parlament, allfällige Änderungen zu bewirken.

Es geht auch friedlich

Deutlich weniger Lärm gibt es um den Lärm. Eine aus dem Jahr 2002 stammende Richtlinie soll dahingehend überarbeitet werden, Verfahren zur Einführung von lärmbedingten Betriebsbeschränkungen an EU-Flughäfen zu verbessern. Dieser Vorschlag betrifft Airports mit mehr als 50.000 Flugbewegungen pro Jahr und damit hierzulande nur Wien-Schwechat.

Die allgemeine Ausrichtung ist im Juni beschlossen worden, Österreich hat dabei zwei Änderungen erreicht: Einerseits wurde der Vorschlag gekippt, dass die Kommission den Mitgliedsländern mit der geplanten neuen Verordnung Betriebsbeschränkungen wie Nachtflugverbote untersagen kann. Außerdem konnte erreicht werden, dass die kommende Verordnung bestehende Regeln in den Mitgliedsstaaten - wie die Nachtflugregelungen im Zusammenhang mit der dritten Piste in Wien - unberührt lässt. Das Lärmschutzpaket wird derzeit ebenfalls im Europäischen Parlament diskutiert.

Meinungsfindung

Das dritte Thema, Start- und Landerechte, ist derzeit noch auf Ebene der Ratsarbeitsgruppe. Es gibt Überlegungen, die gegenwärtige 80:20-Regel zu verschärfen. Künftig könnten Airlines 85 statt 80 Prozent eines Slots nützen müssen, damit er nicht verfällt. Wird diese Grenze unterschritten, verliert die Airline ihr Vorrecht auf den Slot und dieser wird neu vergeben.

Das kommt Flughäfen natürlich entgegen, mehr Starts und Landungen bedeuten schließlich auch mehr Einnahmen. Ein spannender Punkt ist der Sekundärhandel von Slots. Airlines sollen an allen EU-Flughäfen Start- und Landerechte untereinander handeln dürfen. Ein weiterer Punkt: Die Position des unabhängigen Slotkoordinators soll weiter gestärkt werden. Eine allgemeine Ausrichtung zum Thema Slots ist für den Oktoberrat (29.10.) geplant.

Autor: Johannes Stuhlpfarrer


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