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AGB für die Logistikbranche – ein Update

Foto: Felix Lang
Rechtsanwalt Wolfgang Motter (Partner bei der Walch Zehetbauer Motter Rechtsanwälte OG, li.) und Vincent Bretschneider (Head of Legal bei Austria Tech – Gesellschaft des Bundes für technologiepolitische ­Maßnahmen GmbH) sind ­Experten auf dem ­Gebiet des Verkehrs-, Transport-, Speditions- und Logistikrechts
Foto: Felix Lang

Sie sind so selbstverständlich, dass ihnen oftmals zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird: den Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Wolfgang Motter und Vincent Bretschneider erläutern in ihrem Kommen­tar anhand von zwei relevanten Urteilen, worauf Logistiker aktuell besonders achten müssen.

Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) sind heute aus dem Geschäftsalltag nicht mehr wegzudenken. AGB sind vordefinierte Vertragsbestimmungen für eine Vielzahl von Verträgen. Durch AGB können gesetzliche Regelungen zugunsten des Verwenders abgeändert werden oder für Fälle, die gesetzlich nicht geregelt sind, Regelungen geschaffen werden. Dies gilt aber nur insoweit, als die gesetzlichen Bestimmungen überhaupt ab­geändert werden dürfen bzw. gesetzliche Grenzen (z. B. Gesetz- oder Sittenwidrigkeit; gröbliche Benachteiligung) nicht überschritten werden. Unternehmen verlassen sich darauf, dass sie ihre (hoffentlich) sorgfältig zusammengestellten Standardbedingungen bei Streitfällen schützen.

Sind Ihre AGB aktuell?
Wird allerdings den gesetzlichen Grenzen nicht hinreichend Rechnung getragen, sind die AGB unwirksam und es gilt das Gesetz. Das kann zu unerwünschten Ergebnissen führen (z. B. Entfall der Haftungsbegrenzung). Genauso wichtig wie die sorgfältige Formulierung bei der Erstellung der AGB ist deren „up-to-date“-Halten. AGB sollten daher regelmäßig auf deren rechtliche Zulässigkeit bzw. Aktualität geprüft werden.

1. AGB im B2C-Verhältnis
Der deutsche BGH hat sich in seinem Urteil vom 7. 4. 2022, I ZR 212/20, mit der Wirksamkeit von den AGB eines Paketdienstleisters gegenüber Verbrauchern auseinandergesetzt, wobei Ähnliches inhaltlich auch für Österreich gelten dürfte.
Die wichtigsten Ergebnisse des Urteils lauten im Überblick wie folgt:
Zulässig: Beförderungsausschluss für Telefonkarten und Pre-Paid-Karten, Geld und geldwerte Dokumente (z. B. Briefmarken, Wertpapiere, Wechsel, Sparbücher).
Zulässig: Beförderungsausschluss für Güter, die einer Sonderbehandlung bedürfen (z. B. besonders zerbrechlich sind oder nur stehend oder nur auf einer Seite liegend transportiert werden dürfen).
Zulässig: Beförderungsausschluss für unzureichend verpackte Güter.
Zulässig: Weisungen, die nach Übergabe des Pakets vom Versender erteilt worden sind, müssen im Massengeschäft nicht befolgt werden.

Unwirksam:Hat der Empfänger eine Abstellgenehmigung erteilt, gilt das Paket als zugestellt, wenn es an der in der Genehmigung bezeichneten Stelle abgelegt worden ist.
Unwirksam: Beförderungsausschluss für Güter, die zwar selbst nur einen geringen Wert besitzen, durch deren Verlust oder Beschädigung aber hohe Folgeschäden entstehen können (z. B. Datenträger mit sensiblen Informationen), da diese Begriffe zu unklar formuliert sind.
Unwirksam: Berechtigung zur Öffnung der Pakte bei Verdacht auf das Vorliegen von Verstößen gegen Beförderungsausschlüsse.
Unwirksam: Generelle Haftungsbegrenzung mit 8,33 Sonderziehungsrechten und genereller Haftungssauschluss für Folgeschäden und Folgekosten.
Unwirksam: Beförderungsausschluss für verderbliche und temperaturempfindliche Güter, da diese Begriffe nicht klar verständlich sind.

2. AGB im B2B-Verhältnis
In Österreich beschäftigte sich der Oberste Gerichtshof (OGH) in seinem Urteil vom 27. 9. 2022, 2 Ob 142/22d, mit den AGB ­eines Eisenbahninfrastrukturunternehmens.
Lediglich zur besseren Übersicht und Verständlichkeit der Haftungsbestimmungen führte das Eisenbahninfrastrukturunternehmen in seinen AGB u.a. einzelne Gesetze namentlich an und formulierte die Haftungsklausel wie folgt: „Die ­Vertragspartner haften nach den gesetzlichen und völkerrechtlichen Bestimmungen, insbesondere jenen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB), Unternehmensgesetzbuches (UGB), Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetzes (EKHG) und den CUI, sofern in diesen AGB nicht hievon abweichende Regelungen enthalten sind.“
Während sich das Eisenbahn­infrastrukturunternehmen in ­einem Schadensfall auf die für sie günstigeren Rechtsvorschriften der CUI (= einheitliche Rechtsvorschriften über die Nutzung der Infrastruktur im internationalen Eisenbahnverkehr) stützte, führte die andere Partei die Vorschriften des ABGB ins Treffen.
Der OGH sah in der Auflistung des ABGB, UGB, EKHG bzw. dem generellen und pauschalen Verweis auf die nationalen gesetzlichen Bestimmungen völlig überraschend eine Haftungserweiterung gegenüber der ansonsten nach den CUI nur beschränkten Haftung. Eine solche Haftungserweiterung war vom Eisenbahninfrastrukturunternehmen natürlich so nie intendiert.

Empfehlung
Bei der Auflistung von Gesetzen bzw. dem pauschalem Verweis auf nationales Recht in den AGB sollte zumindest eine Klarstellung erfolgen, dass hierdurch keine Haftungserweiterung begründet wird. Jedenfalls empfehlenswert ist, AGB regelmäßig unter Berücksichtigung der Rechtsprechung auf deren rechtliche ­Zulässigkeit bzw. Aktualität überprüfen zu lassen.


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