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Südhäfen im Aufwind

Foto:  AdobeStock / Taras Rudenko
„Wenn man nach zusätzlicher Kapazität im Hinterlandverkehr sucht, wären die Südhäfen nicht eine Alternative?“, fragt Bernd Kortschak.
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Bernd H. Kortschak lehrt Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Logistik an der WU Wien.
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In Zeiten volatiler Versorgungsketten werden Alternativen für Supply Chain Manager immer wichtiger. Besonders die Südhäfen profitieren davon, schreibt Bernd Kortschak in seinem neuesten Kommentar für Verkehr.

von: Bernd Kortschak

Anfang Oktober sprach sich ­Philipp Nagl (Vorstandsvorsitzender der DB In­fraGO) im Rahmen des VNL-Logistik-Forums in Wien für mehr legislaturperiodenübergreifenden Konsens und eine kontinuierliche Netzqualität, wie sie in Österreich besteht, aus. Denn dann könnte auch die Industrie ihre Ressourcen längerfristig planen und entsprechende Kapazitäten vorhalten, was bei jährlich zu genehmigenden Ausschreibungen kaum möglich ist. Die seit über 20 Jahren in Deutschland zurückgefahrene Instandhaltung bei gleichzeitig stark gestiegenen Zugzahlen erfordert eine besondere Kraftanstrengung. Denn aufgrund des aktuellen Rückstaus beeinträchtige eine eingleisige Betriebsführung ebenfalls die Betriebsqualität und würde Zugausfälle mit sich bringen. Die jetzt geplante Generalsanierung würde zwar kurzfristig noch einmal zusätzlich Einschränkungen mit sich bringen, biete anschließend aber auf mehrere Jahre ausreichende Betriebsqualität. Während der Bauphase werde insbesondere darauf geachtet, dass Einschränkungen im Betrieb auf alle Verkehrsarten, also Personen- und Güterverkehr, gleichmäßig verteilt werden. Zum anderen werden die Schienen durch den stark ausgeweiteten Personenverkehr immer stärker belastet, sodass Verschleiß früher beseitigt werden muss, was die Instandhaltung ebenfalls erschwert. Von anderen Fachleuten werden die Kapazitätsprobleme im Hinterlandverkehr auch auf den stark gestiegenen Personenverkehr in Deutschland zurückgeführt.

Eine Alternative, die auf der Hand liegt
Unter diesen Bedingungen ist kurzfristig keine Kapazitätserweiterung zu erwarten. Am Tag davor hörte man beim Südhafenforum des VNL, inwieweit die Südhäfen aktuell zusätzliche Kapazitäten im Hinterlandverkehr anbieten können: Südhäfen als Alternative?
Dort ist eine besondere Entwicklung bei den Terminals zu beobachten: MSC hat sich in Triest eingekauft, Maersk in Rijeka und in beiden Häfen erhofft man sich durch diese zusätzlichen Investitionen bereits kurzfristig einen Aufschwung. Doch im Vergleich wächst nur Koper kontinuierlich. Der slowenische Hafen hat auch im Rezessionsjahr 2023 im Vergleich zu Triest und Rijeka zugelegt. Koper schlug 1.066.092 TEU im Jahr 2023 um, was einen Zuwachs von fünf Prozent gegenüber 2022 bedeutet. Demgegenüber stagnierten die italienischen Häfen Triest mit -1,7 Prozent und Venedig mit -9,5 Prozent sehr stark. Der Tiefseehafen Rijeka hat zwar ebenfalls ein Plus von drei Prozent erreicht, hält aber nur bei 386.000 TEU. Der kroatische Hafen muss noch das Problem der gebrochenen Umfuhr bis zum Bahnumschlag auf der Straße lösen, während in Koper 700 Meter lange Gleise bis in das Seehafen-Umschlagterminal reichen, was eine schnelle Zu- und Abfuhr auf der Schiene erleichtert. Die 2022 fertiggestellte Erweiterung des Containerterminals mit zwei Post-Panamax-Kränen hat die jährliche Umschlagkapazität auf 1,3 Millionen TEU gesteigert. Geplant ist eine weitere Investition, durch die sich die Kapazität auf 1,75 Millionen TEU erhöhen würde; auch steht der Bau von zwei weiteren 700-m-Gleisen an.

Auf Schiene
Auch im Hinterlandverkehr arbeitet Koper kontinuierlich an einer Verbesserung der Schienenanbindung: Seit Mai 2021 wird an der 27 km langen zweigleisigen Neubaustrecke Divača–Koper gearbeitet. 75 Prozent der Strecke verlaufen im Tunnel und haben geringe Steigungen, wodurch höhere Zugbruttolasten möglich sind. Die neue Strecke kann die Fahrzeit von Güterzügen von heute durchschnittlich 110 Minuten auf ca. 30 Minuten senken. Statt heute 90 Züge können künftig über 200 Güterzüge abgefertigt werden. Bereits nächstes Jahr soll die Strecke fertiggestellt und 2026 in Betrieb gehen. Parallel dazu wird die Schieneninfrastruktur auch von der Adria in Richtung Marburg ausgebaut, und auch in Österreich ist die Wiederzulegung eines zweiten Gleises zwischen der Staatsgrenze bei Spielfeld und Graz geplant. Damit soll der Modal Split der Schiene in Koper von 44 Prozent auf über 50 Prozent gesteigert werden.

Volatile Lage
Beim Südhafenforum beleuchtete ein Vertreter des österreichischen Holzexporteurs Egger die allgemeine Volatilität der Versorgungsketten. Er führte aus, dass die Verspätungen durch die Fahrt um das Kap der Guten Hoffnung mittlerweile auf durchschnittlich 47 Tage gestiegen seien und dass auch das bisher eingespielte Transshipment von Feeder-Schiffen auf die großen Pötte ebenfalls leide und zu Verspätungen führe. Auf einer Landkarte wurde gezeigt, dass Koper für österreichische Standorte gegenüber konkurrierenden Häfen signifikante Zeit- und Kostenvorteile bietet.
Ausdrücklich begrüßt wurde das Auftreten der neuen Allianz zwischen Hapag-Lloyd und ­Maersk (Gemini) sowie die Aufrechterhaltung der existierenden Dienste wie Phoenix (2M). Neben Direktverkehren können aus Koper Feeder-Verkehre kurzfristig auch nach Piräus, Malta oder Damietta genützt werden, sodass der plötzliche Ausfall eines Schiffs ohne Beeinträchtigung der Gesamt-Transportkette aufgefangen werden kann. Damit fällt auch der Vorteil der Nordhäfen mit der größeren Anzahl an Direktverbindungen nach Asien nicht mehr so ins Gewicht.
Die unsicher gewordene Durchfahrt durch das Rote Meer hat auch zu einer Wiedererstarkung des Bahntransits über die Neue Seidenstraße geführt. Im ersten Halbjahr 2024 wurden um 3,2 Prozent mehr TEU zwischen China und der EU auf der Schiene transportiert im Vergleich zur gleichen Periode im Vorjahr – im ganzen Jahr 2023 waren es 674.000 TEU. Im wichtigen Spurwechselterminal Małaszewicze in Polen soll sowohl die Kapazität von 16 auf 35 Züge pro Tag gesteigert als auch die Länge der ankommenden Züge aus China auf 700 bzw. über 1.000 m vergrößert werden.

Georgien und Aserbaidschan im Fokus
Doch auch am Mittelkorridor vom Schwarzen Meer nach China wird heftig investiert. Insgesamt sollen über Georgien und Aserbaidschan künftig bis zu fünf Millionen TEU transportiert werden. Die Baku–Tbilisi–Kars-Eisenbahn wurde zwischen 2007 und 2017 errichtet, nachdem der Weg über den Iran nicht mehr genutzt werden konnte. 2023 erfolgten dann Instandsetzungs- und Erweiterungsarbeiten auf dem geografisch schwierigen 184 km langen georgischen Streckenabschnitt, der dieses Jahr wieder in Betrieb genommen wurde. Aus der Türkei gelangten bislang aber weniger als zehn Züge auf diesem Weg bis nach China, wobei nicht mehr das Trajekt über das Kaspische Meer den Engpass-Faktor darstellt, sondern eher der Transit durch fünf Länder, die den Transitverkehr noch nicht koordiniert haben. Hier schwankt nämlich die Lieferzeit zwischen 30 und 45 Tagen und ist somit für die verladende Wirtschaft noch relativ unattraktiv.
Im Mai 2024 wurde schließlich der erste Güterzug mit 20 TEU aus Aserbaidschan in Richtung Georgien auf die Reise geschickt. Mittlerweile fährt ein Zug pro Woche die Strecke ab. Aber wie lange wird es noch dauern, bis der Bahnverkehr im Mittelkorridor die anvisierte Kapazität mit ausreichender Beförderungsqualität abwickeln kann? Der 2022 aufgenommene Verkehr von Kasachs­tan über den Iran in die Türkei muss sich ebenfalls erst noch bewähren.


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