Der belgische Scheldehafen Antwerpen zeigt in Österreich und Ungarn kräftig Flagge. Die Hinterland-Verkehre in beide Länder werden konsequent ausgebaut. Seit Mitte September kamen (zu den bereits bestehenden fünf wöchentlichen) zwei weitere Züge hinzu, die den Hafen mit den Terminals in Wien und Budapest verbinden. Operativ abgewickelt wird das zusätzliche Angebot vom schweizerischen Intermodal-Operator Hupac. Antwerpen will nicht immer nur als Containerhafen mit anderen Mitbewerbern entlang der ARA-Range oder mit den Südhäfen verglichen werden, sondern seine Rolle als Universalhafen mit nicht weniger als 900 Hafen- betrieben und 145.000 Beschäftigten stärker betonen. "Antwerpen wurde bisher stets unterschätzt, dabei können wir alles", betonte Walter Holzhammer, Vertreter des Hafens in Österreich und Ungarn, anlässlich einer Einladung von 200 österreichischen Kunden, Partnern und Vertretern der Antwerpener Hafenbetriebe zu einem Hafentag in Weiden am See, wo eine stimmungsvolle Schifffahrt auf dem Neusiedler See auf die Besucher wartete. Der Hafen will sich künftig viel stärker in die Lieferketten österreichischer und ungarischer Verlader einklinken und forciert dabei die Schiene als Hinterland-Transportmittel, dessen Anteil am gesamten Hinterlandverkehr-Volumen in den kommenden Jahren von aktuell 7 auf 15 Prozent steigen soll. Derzeit hat bei den Hinterland-Verkehren der Lkw den größten Anteil am Modal Split (57 Prozent). Diesen auf 43 Prozent zu drücken, ist das Ziel in den nächsten Jahren. Rund 40 Prozent aller Hinterland-Transporte werden mit Binnenschiffen abgewickelt. Von Antwerpen aus sind die wichtigsten Hinterland-Binnenhäfen - beispielsweise Duisburg, Ludwigshafen, Regensburg, Basel sowie die österreichischen Donauhäfen - bequem zu erreichen.
Mehr Intermodal-Verbindungen
Katarina Stancova, Senior Adviser Rail Mobility Department in der Antwerpener Hafenbehörde, sieht eine steigende Nachfrage nach Intermodal-Verbindungen zwischen dem Hafen und Österreich sowie Ungarn. Neben Hupac fahren seit längerem die Rail Cargo Group sowie Rail & Sea Logistics, Lineas Intermodal und die deutsche Kombiverkehr mit Zügen zwischen den beiden Destinationen. Das aktuelle Wochenangebot von 15 Zügen könne jederzeit aufgestockt werden, wenn die Nachfrage nach mehr Kapazitäten vorhanden ist, verspricht Stancova. Auch Luc Arnouts, Vizepräsident der Antwerpener Hafenbehörde und zuständig für die internationalen Beziehungen, sieht in Österreich und Ungarn gute Perspektiven für den Hafen - nicht nur was die Verschiffungsmöglichkeiten von Containern betrifft, sondern auch bei der Verladung von Pharma- und Chemieprodukten, Breakbulk, Stahl, Papier, Zellstoff oder Projektladungen, um nur einige Beispiele zu nennen. Antwerpen ist der zweitwichtigste Stahlhafen in Europa und spielt auch beim Auto-Umschlag eine führende Rolle. 1,4 Millionen Fahrzeuge werden hier pro Jahr import- und exportseitig umgeschlagen - Tendenz steigend. Laut Arnouts erleben Pharma-Transporte derzeit eine Verlagerung von der Luft auf das Wasser. Das habe damit zu tun, dass die Kühlkette für sensible Pharma-Produkte auf dem Seeweg leichter zu managen sei als bei Luftfracht. Dazu kommen freilich auch die geringeren Transportkosten gegenüber teuren Luftfrachtraten.
Auf ins Hinterland
Der Hafen Antwerpen hat die Hinterlandmärkte Österreich und Ungarn scharf im Visier, wie bei einem Event vergangene Woche erklärt wurde. Verkehr war vor Ort und liefert einen Nachbericht inkl. Fotos.
Mehr Güter über Antwerpen
Im vergangenen Jahr kamen 3,5 Millionen Tonnen österreichische Transitgüter über die Antwerpener Kaikanten, das ist ein Plus von 14 Prozent gegenüber dem Jahr 2016. Die österreichischen Exporte über den Hafen legten um 17 Prozent zu, die Importe um 12 Prozent. In diesem Jahr rechnet Holzhammer beim österreichischen Gesamtumschlag mit einem Zuwachs von rund 10 Prozent - und das über alle Produktarten hinweg. Freudig stimmt Arnouts der Umstand, dass 15 Prozent aller österreichischen Seehafentransitverkehre ihren Weg via Antwerpen nehmen. Diese 15 Prozent beziehen sich auf den Vergleich mit anderen Häfen wie Hamburg, Bremen, Rotterdam, Koper, Triest, Rijeka und Konstanza. Der Hafen ist längst zum Industriestandort mutiert, in der Hafenumgebung ist beispielsweise die internationale Chemieindustrie prominent vertreten. Erst jüngst hat Borealis für 900 Millionen Euro seine Produktionsanlagen in Hafennähe ausgebaut. 2017 wurden in Antwerpen 224 Millionen Tonnen Güter umgeschlagen, wovon 123 Millionen auf containerisierte Ladung entfielen. Diese Menge wurde mit mehr als 14.000 Seeschiffen bzw. mit 130 beladenen Zügen pro Tag bzw. 199 Container-Shuttle-Services pro Woche zu 32 Destinationen in 13 Ländern im Hinterland transportiert.
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